Warum Ostern ohne Heilige Messe eine einzige Katastrophe ist
Berlin, 21.März 2020
Die Meldung aus dem Vatikan vor einigen Tagen lautete: „Traurige Premiere: Ostern im Vatikan ohne Gläubige“[1].
Der Vatikan-Experte Ulrich Nersinger urteilt: „‘Ich habe bisher nichts Vergleichbares gefunden, nicht mal, als in Rom die Cholera wütete, oder in den Kriegszeiten.‘“[2]
Und: „‘Man hat immer gewisse Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Aber man hat nie ganz auf die Zeremonie öffentlicher Gottesdienste verzichtet.‘“[3]
Nun, wer die Presse verfolgt, der kann lesen, dass es ganz normal ist, alle Gottesdienste aller Religionen zu verbieten – dafür sollen alle Supermärkte auch am heiligen Sonntag geöffnet sein.
Das passt zusammen: das eindeutige Gebot der Gottesverehrung am heiligen Sonntag wird von der staatlichen Obrigkeit aufgehoben – und durch das Gebot der Verehrung des Bauches ersetzt.
Der krasse Materialismus feiert fröhliche Urstände. Wie meinte der Kommunist Bertolt Brecht so herrlich frech wie eindeutig: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“[4]
Aber, so ist zu Recht zu fragen, verstößt die Vergötzung des Bauches nicht gegen die Vernunft? Leben wir buchstäblich für „das Fressen“, wie es Brecht formulierte?
- Vorsichtsmaßnahmen sind immer vernünftig
So wie es vernünftig ist, sich gesund zu ernähren, so ist es ratsam auf Ärzte und Politiker zu hören.
Ja, der Corona-Virus ist gefährlich, besonders weil er viele Menschen auf einen Schlag trifft. Ich meine mit allen anderen zusammen, dass es ratsam ist, die Ausbreitung entschieden zu verlangsamen.
Wir brauchen nicht unbedingt Weihwasser, denn verseuchtes Weihwasser gefährdet die anderen Gottesdienstteilnehmer.
Und wir brauchen nicht unbedingt die Mundkommunion, denn durch verseuchte Hostien angesteckte Priester berauben uns jeder Gottesdienstfeier.
Schutzmaßnahmen müssen sein, natürlich. Aber gerade nicht um jeden Preis.
- Das Zweite Vatikanische Konzil: Eucharistie ist „Quelle und Höhepunkt“
In schöneren Worten ist die gottesdienstliche Gemeinschaft des Volk Gottes kaum zu beschreiben, wenn die Pastoralkonstitution Lumen gentium feststellt: „In der Teilnahme am eucharistischen Opfer, der Quelle und dem Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens, bringen sie das göttliche Opferlamm Gott dar und sich selbst mit ihm; so verrichten alle bei der liturgischen Handlung ihre je eigene Aufgabe, sowohl bei der Darbringung als auch bei der heiligen Kommunion, nicht unterschiedslos, sondern jeder auf seine Art. Durch den Leib Christi in der heiligen Eucharistie erquickt, stellen sie sodann die Einheit des Volkes Gottes, die durch dieses hocherhabene Sakrament angemessen bezeichnet und wunderbar bewirkt wird, auf konkrete Weise dar.“[5]
Ist der modo concreto, die genannte „konkrete Weise“, in den Heilige-Messen-Videoclips, mit welchen das Internet derzeit überschwemmt wird, und bei der geistigen Kommunion gegeben?
Nun, das Wort Gottes in Jesus Christus ist Fleisch geworden. Es ist konkret sichtbar in der heiligen Hostie und kann nur in einer konkreten katholischen Messe erhalten werden.
Natürlich sind Heilige-Messen-Videoclips besser als gar kein Kontakt mit Jesus Christus.
Und natürlich ist die geistige Kommunion, also die Opferung unserer geistlichen Sehnsucht nach dem echten Leib Christi in der Eucharistie, deren Empfang nicht immer möglich ist, eine großartige geistig-geistliche Sache.
Nur: die echte geistige Kommunion verlangt die konkrete eucharistische Kommunion: sie muss Ausnahme bleiben, wenn es andere Möglichkeiten zum Empfang der Hostie gibt.
Das Volk Gottes – und in ihm besonders die geweihten Amtsträger – müssen dafür Sorge tragen, dass die Heilige Messe wieder handgreiflich und im Fleisch der Menschen vollzogen wird.
Der Segen der geistigen Kommunion ist groß – der Segen einer einzigen heiligen Messe mit dem ganzen Volk Gottes ist gigantisch!
Die digitale Welt ist eine große Versuchung: sie ist buchstäblich keimfrei und scheinbar so hygienisch, in Wahrheit ist sie wie eine Wassersuppe.
Niemand stirbt an Wassersuppen, nein, man verhungert nur ganz einfach: weil buchstäblich substanzlos fehlt uns alles!
Wie bei einem Placebo, fast wie ein Placebo. Denn bei einem Placebo ist es besser. Wir wissen, dass er wirkungslos ist.
Die Gefahr ist nicht gering, dass alle digitalen Gottesdienst-Junkies von der Wassersuppe nicht mehr loskommen und die wirklichen Gottesdienst noch schlechter besucht werden, als es ohnehin schon vor Corona der Fall war.
- Moderne Seuchen: Beulenpest, Ebola, Cholera und Grippe
Die Bilder aus Bergamo mit dem Konvoi von Militärlastern, die die Särge von den vielen toten Italienern abtransportieren, weil die Friedhöfe überlastet sind, sind erschreckend.[6]
Unsere staatlichen Behörden haben uns zu beschützen, sicher auch manchmal gegen uns selbst. Das ist und kann keine Frage sein.
Und doch: auf alles zu verzichten, um zu fressen und zu fressen und zu fressen? Müssen wir nicht alle dennoch sterben – auch die Gesunden, die genug zu fressen haben?
Bei der Beulenpest: „Wird die Beulenpest rechtzeitig erkannt und konsequent behandelt, ist die Prognose gut und fast alle Patienten überleben (Sterberate: 10 bis 15 Prozent). Ohne Behandlung sterben dagegen 40 bis 60 Prozent der Erkrankten.“[7]
Bei Ebola im afrikanischen Kongo: „Damit sei die Sterberate von behandelten Patienten von 50 Prozent bei der Ebola-Epidemie in Westafrika 2014/2015 auf 34 Prozent gesunken.“[8]
Bei der durch den Vatikan-Experten Nersinger genannten Cholera sieht es folgendermaßen aus: „In etwa 80 Prozent aller Cholera-Fälle kommt es zu einem milden Verlauf. Die Cholera kann dann mit anderen Durchfallerkrankungen verwechselt werden. Weniger als 20 Prozent der Erkrankten weisen schwere Anzeichen einer Cholera auf. Der Verlauf kann dann lebensbedrohlich sein, wenn die Cholera mangelhaft oder gar nicht behandelt wird. In unbehandelten Fällen liegt versterben etwa 60 Prozent der Betroffenen mit klassischer Cholera. Bei angemessener Behandlung der Cholera überleben über 99 Prozent der Erkrankten. Der Erreger-Typ Vibrio El Tor verursacht einen leichteren Cholera-Verlauf, die Infektion verläuft milder. Auch unbehandelt überleben 70 bis 85 Prozent der Betroffenen.“[9]
Bei der modernen Grippe ergibt sich ein anderes, deutlich freundlicheres Bild: „Bei den Influenza-Wellen jedes Jahr schätzt man eine Sterberate von 1 bis 2 Verstorbenen auf 1.000 Infizierte, das sind 0,1 bis 0,2 Prozent.“[10]
Der Corona-Virus trifft uns schlimm, weil er sich so massenhaft und schnell weltweit verbreitet. Und doch: die Sterblichkeitsrate dürfte die Anzahl der Grippetoten nur wenig überschreiten.
Wer also an einem schönen Sommertag aufwacht, weil die Sonne seine Nase kritzelt, sollte sich die Frage stellen: warum lebe ich?
Wir leben nicht, um zum „Fressen“, sondern für Gott!
- Wozu leben wir?
Unsere Moral, die Zehn Gebote, nennen es: Gott lieben und unseren Nächsten!
Der ‚Katechismus der Katholischen Kirche‘ lehrt gleich am Anfang unter der Überschrift: ‚Das Leben des Menschen – Gott erkennen und lieben‘: „Gott ist in sich unendlich vollkommen und glücklich. In einem aus reiner Güte gefaßten Ratschluß hat er den Menschen aus freiem Willen erschaffen, damit dieser an seinem glückseligen Leben teilhabe. Deswegen ist er dem Menschen jederzeit und überall nahe.“[11]
Wir sollen also mit Gott leben, weil wir sonst nicht glückselig sein können. Nur wenn wir Gott lieben und verehren, können wir glückselig sein.
Bertolt Brecht muss immer Unrecht haben: wir essen, weil wir ein höheres Ziel haben – wir essen, weil wir als Menschen nicht wie vernunftlose Tiere „fressen“!
Wir essen, weil wir nicht um des Essens willen leben. Das würde natürlich auch Bertolt Brecht zugeben müssen.
Die gottlosen Kommunisten können eben nicht Recht haben. Der gottlose Materialismus ist eine Farce.
- Unsere Gesundheit taugt nicht als Götze: tun wir Buße!
Unsere Generation ist so heruntergekommen, dass wir unsere Gesundheit als höchstes Gut vergötzen.
Wie lächerlich: der härteste Tattergreis muss das Zeitliche segnen! Auch der vor Jugendkraft strotzende Teenager wird sterben!
Was zählt, ist nicht die Anzahl der Viren und Bakterien. Es zählt allein die Liebe zu Gott und unserem Nächsten.
Natürlich sollen wir keine Revolution wagen, um trotz allem Gott öffentlich zu feiern. Nein, wenn die Obrigkeit so gottlos ist, dass sie die Verehrung Gottes verbietet, dann nehmen wir es als das, was es ist: als Herausforderung!
Zu anderen Zeiten sind die Menschen in die Kirchen geströmt. Und zu anderen Zeiten wurden Bittprozessionen gehalten – was auch mit 2 Metern Abstand zueinander gehen sollte, oder nicht? Das wäre dann ein religiöser Gänsemarsch, warum nicht?
Tun wir Buße dafür, so lächerlich und heruntergekommen zu sein, dass uns jedes Maß und jede Mitte fehlt – Gott nämlich!
- Am letzten Sonntag stand ich vor verschlossenen Türen
Am Sonntag vor fünfzehn Tagen war bei uns in der Weddinger St. Josefs-Kirche mehr als genug Platz – reichlich zwei Meter für jeden Gottesdienstbesucher.
Am letzten Sonntag vor acht Tagen, als die Kirchen geschlossen wurden, wären die vielen alten Leute ohnehin zu Recht zu Hause geblieben. Es wäre also noch mehr Platz gewesen.
Niemals, jedenfalls nicht für Berlin, hat die Notwendigkeit bestanden, die Gotteshäuser zu schließen.
Der Gemeindepfarrer, zu dessen Pfarrei ich gehöre, war am letzten Sonntag regelrecht erleichtert, keine Messe halten zu müssen. Noch nicht mal eine Andacht hielt er, nein, Vaterunser, Segen – und das war es dann!
Wie gottlos und heruntergekommen sind wir, wenn wir gerade in Zeiten der Not nicht mehr zustande bekommen?
Wie gottlos und heruntergekommen sind die vielen Pfarrer, die jetzt nicht in der Gemeinde sind, um Trost zu spenden, sondern froh darüber sind, Home Office zu haben?
- Corona ist eine Heimsuchung Gottes
Der gleiche schon genannte Gemeindepfarrer meinte doch tatsächlich, davon schwadronieren zu müssen, Krankheiten wäre keine „Strafe Gottes“.
Was sollen sie sonst sein? Seid dem Sündenfall ist der Tod die Strafe für unsere Sünden! Was sollen also Krankheiten anderes sein als die Strafe für unser böses Tun?
Natürlich, niemand kann sagen, dass die armen norditalienischen Priester mit dem Tod ‚bestraft‘ worden sind, weil so tapfer mit ihren Schafen gelitten haben und bei ihnen in rechter Weise für ihre Seelen gesorgt haben.
Natürlich darf sich niemand anmaßen, den Tod jedes Einzelnen als persönliche Anordnung Gottes anzusehen.
Wir Menschen sterben, ja. Und wir werden leben, ja. Beides mit Gott oder ohne hin.
Tun wir es mit Gott, dann leben wir in Ewigkeit mit ihm! Amen.
[1] https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/2020-03/ostern-karwoche-liturgie-vatikan-papst-urbi-orbi-corona-virus-fr.html
[2] Ebd.
[3] Ebd.
[4] Bertolt Brecht, Die Dreigroschenoper, Frankfurt am Main 10.Aufl. 2017, 67.
[5] Lumen gentium 11, DH 1186.
[6] https://www.suedtirolnews.it/italien/erschuetternd-militaerkonvoi-bringt-tote-aus-bergamo-weg
[7] https://www.netdoktor.de/krankheiten/pest/
[8] https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2019-10/ebola-patienten-kongo-who-ueberleben-behandlungszentren-jens-spahn
[9] https://www.beobachter.ch/gesundheit/krankheit/cholera
[10] https://www.br.de/nachrichten/wissen/faktenfuchs-was-ist-gefaehrlicher-corona-oder-grippe,RtUiWta
