Weinen ist Reue des Herzens
Berlin, 29.März 2020
Wir Christen haben uns daran gewöhnt, dass der Glaube wie ein Placebo erscheint, der ungeteilte Fröhlichkeit schenkt – nach dem Motto: ‚Wer glaubt, schwebt auf Wolke 7‘ und steht somit über allem.
Viele Menschen wollen über allem stehen, weil wir Menschen nicht leiden mögen. Jesus sagt es aber ganz anders: „Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt, kann nicht mein Jünger sein.“
Unser Heiliger Vater erinnert uns in diesen Tagen an „Die wertvolle Gabe der Tränen“ (siehe mein Foto zur Generalaudienz am 12.Febuar 2020.[1]
- Jesus weinte
Jesus weinte nicht nur über die Frauen Jerusalems, weil er die Zerstörung der heiligen Stadt vorhersah, sondern er weint als Hohepriester vor Gott, seinem Vater: „Er hat in den Tagen seines irdischen Lebens mit lautem Schreien und unter Tränen Gebete und Bitten vor den gebracht, der ihn aus dem Tod retten konnte, und er ist erhört worden aufgrund seiner Gottesfurcht“ – wie es im Hebräerbrief heißt.[2]
- Bernhard von Clairvaux empfiehlt die Gabe der Tränen
Gerade der Stammvater der Zisterzienser, dessen einer Teil im Wienerwald uns gerne seine Fitnessstudios zeigt, lehrt uns wie es recht ist.
Die Herzensreue, die zur Buße unbedingt dazu gehört, ist ohne Tränen des Schmerzes über die eigene Schuld undenkbar.
Der heilige Bernhard schreibt in seiner Schrift ‚Leben des heiligen Bischofs Malachias‘ über einen frommen Mann, der sich die Gabe der Tränen, gratia lacrimarum, wünschte, um die „Unfruchtbarkeit seiner Seele“[3] zu überwinden.
- Oration im Tridentinischen Ritus
Unter den ‚Orationen in verschiedenen Anliegen‘ gibt es eine Bitte „Um die Gabe der Tränen“ – zu weinen, ist also gewiss nicht ein Sondergut einer übertriebenen Frömmigkeit, sondern Allgemeingut der ganzen katholischen Kirche.
Dort heißt es: „Allmächtiger und mildreicher Gott, du ließest dem dürstenden Volke eine Quelle des lebendigen Wassers aus dem Felsen strömen; so entlocke auch unserem harten Herzen Tränen der Zerknirschung, damit wir unsere Sünden beweinen können und durch Dein Erbarmen deren Verzeihung erlangen. Durch unseren Herrn.“[4]
Wir können nur Verzeihung unserer Sünden bekommen, wenn wir die tiefe Reue des Herzens haben: die Tränen reinigen dabei unsere Seele und sind vollkommen unerläßlich!
[1] http://www.vatican.va/content/francesco/de/audiences/2020/documents/papa-francesco_20200212_udienza-generale.html
[2] Hebr 5,7.
[3] Bernhard von Clairvaux, Leben des heiligen Bischofs Malachias‘, XXV, 55, (in: ders., Sämtliche Werke I, Innsbruck 1990, 557).
[4] Schott, 189.

Ein Gedanke zu “Die Gabe der Tränen”