Corona-Virus und das Strafen Gottes
Berlin, 14.Juni 2020
Wenn wir uns nochmals die Bilder vom norditalienischen Bergamo vergegenwärtigen: lange Züge von Militärlastern bringen Leichen in Särgen zu Krematorien, weil in der Lombardei das tückische Corona-Virus besonders gewütet hat.[1]
Ist Gott dafür verantwortlich, plötzlich, hier und jetzt, Menschen aus der Zeit in die Ewigkeit zu reißen?
- Jesus und der Turm zu Schiloach
Der Sohn Gottes ist da ganz eindeutig und fragt die Menschen, die zu ihm kommen und ihm von Gräueltaten des finsteren römischen Statthalters Pilatus berichten, der das Blut von galiläischen Juden mit ihren Opfertieren vermischt: „Meint ihr, dass diese Galiläer größere Sünder waren als alle anderen Galiläer, weil das mit ihnen geschehen ist? Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt. Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms am Schiloach erschlagen wurden – meint ihr, dass sie größere Schuld auf sich geladen hatten als alle anderen Einwohner von Jerusalem? Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle ebenso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt.“[2]
Ganz klar und ohne Schnörkel: wir sind vor Gott alle gleich, weil wir vor Gott Sünder sind und den Tod verdienen, denn der Tod ist der Sünde Sold, wie es Luther so treffend formulierte.
Dieses irdische Leben dient vor allem zu einem: zur Bekehrung als der Vorbereitung auf den Himmel.
- Jesus ruft die Sünder und verheißt das ewige Leben – nicht die beste Krankenversorgung
Der Tod kommt plötzlich, wie ein Dieb in der Nacht. Deshalb gilt uns Christen der Unfalltod als besonders schicksalshaft, weil uns die Bereitung zum Sterben fehlt: das Abschiednehmen, besonders aber die Sakramente der Buße, Eucharistie und die Letzte Ölung.
Vorbereitung auf den Tod: das gilt allerdings auch jeden Tag!
Denn so wie alle Sünder sterben müssen, so können wir uns ebenfalls immer bekehren.
Krisenzeiten sind da in besonderer Weise gut geeignet, inne zu halten und Buße zu tun.
- Ewige Vorhersehung: im Schoß des Vaters
Alle unsere Haare sind von Gott gezählt: das ist die ewige Vorsehung durch den himmlischen Vater, der allmächtig ist.
Darum gilt allerdings besonders die Mahnung Jesu: „Sucht nicht, was ihr essen und was ihr trinken sollt, und ängstigt euch nicht! Denn nach all dem streben die Heiden in der Welt. Euer Vater weiß, dass ihr das braucht. Vielmehr sucht sein Reich; dann wird euch das andere dazugegeben.“[3]
- Will Gott das Böse?
Gott ist allmächtig, das bekennen wir im Glaubensbekenntnis; er hat alles geschaffen – und Adam und Eva.
Hat er als das Böse geschaffen?
Nein, sagt uns die christliche Theologie. Nein, Gott lässt das Böse zu. Das Böse ist der Missbrauch des Guten – das Böse beraubt das Gute der Schöpfung.
Denn buchstäblich alles kann missbraucht werden, wenn es nicht so gebraucht wird, wie es der Schöpfer in seiner ewigen Weisheit wollte.
Gott gab dem Menschen den freien Willen, weil nur in der Freiheit Liebe möglich ist. Freiheit ist der Raum, der uns Menschen Liebe schenken lässt.
Die Liebe zu Gott ist so und nur so möglich.
Gott ließ den Missbrauch des ersten Menschen im Sündenfall zu. Wir Theologen nennen dies: die Zulassung Gottes.
- Überbietung des Sündenfalles im Oster-Geheimnis
Es wäre kaum verständlich, wenn der allmächtige Gott den Sündenfall zu gelassen hat, um seine Schöpfung auf immer zu verderben. Dann wäre er nicht allmächtig.
So aber hat er es möglich gemacht, dass durch das Sündopfer seines Sohnes Jesus Christus am Kreuz und dessen Auferstehung das Böse überboten werden kann.
Aus dem schlimmen Sündenfall Adams hat Gott in seiner Allmacht etwas Gutes und noch viel Größeres werden lassen: das ewige Leben bei ihm im Himmel!
Gott lässt also das Böse zu, um Gutes entstehen zu lassen.
Deshalb preisen wir zu Ostern: Felix Culpa! – Glückliche Schuld!
- Gerechtigkeit contra Barmherzigkeit?
Wer nicht versucht, die Gerechtigkeit Gottes mit der Barmherzigkeit Gottes in Einklang zu bringen, landet letztlich im so genannten Manichäismus: auf der einen Seite der böse Schöpfergott (Demiurg), auf der anderen Seite der gute Erlösergott Jesus Christus.[4]
Das Luthertum muss diesem Gedanken nahe sein, weil es mit Luther den verborgenen Gott (Deus absconditus) gegen den offenbaren Heilsgott (Deus relevatus) ausspielt.[5]
Angeblich gehe uns der verborgene Gott in seiner Gerechtigkeit nichts an, um dann das Zitat des Heiden Sokrates zu bringen: Supra nos, nihil ad nos.[6]
Wer also versucht, der Frage nach dem Wirken Gottes aus dem Weg zu gehen, der verstrickt sich in buchstäblich heillose Widersprüche. Vernunft und Glaube stehen dann in absoluten Gegensätzen zueinander.
- Nochmals: Corona ist eine Geißel Gottes
Seit dem Sündenfall eines Herrn namens Adam ist der Tod als Strafe Gottes in der Welt. Punkt. Alles, was zum Tode führt, ist letztlich ein Instrument der Strafe Gottes. Punkt.
Seit Jesus Christus ist das Heil Gottes zu uns Menschen herabgekommen. Und seit Jesus Christus besteht Grund zur Hoffnung auf das ewige Leben mit Gott im Himmel.
Und seit Jesus Christus gibt es immer mal wieder gute Christen, die sich auf ihren Tod freuen, weil sie das himmlische Leben mit Jesus Christus dann wirklich genießen können. Punkt.
Niemand ist gezwungen, sich schon jetzt auf seinen Tod zu freuen. Niemand muss hier und heute gerne sterben wollen.
Wer allerdings Corona gar nicht theologisch einordnen kann, ist vielleicht ein Theologe, aber kein christlicher. Punkt.
- Chuzpe[7]: an Ostern den obersten Sündenbekämpfer leugnen?
Wie tief kann eine Kirche gesunken sein, wenn sie ausgerechnet an Ostern – ja, Ostern – die Überbietung des Sündenfalls durch das Leidensopfer Jesu am Kreuz nicht öffentlich feiert, sondern es sich auf dem Sofa bequem macht?
Nein, niemand braucht in die Kirche zu gehen, wer gute und gerechte Gründe hat, sich zu schonen.
Immer aber hat es solche gegeben, die für alle anderen gebetet und geopfert haben – in aller Öffentlichkeit, im Gottesdienst und in Prozessionen.
Wie krank muss eine Kirche sein, die sich öffentlich verleugnet?
Es war der unselige Luther wiederum, aus dessen Widerspruch vom Deus absconditus/Deus relevatus genau diese theologische Verengung folgt: der Rückzug ins Wohnzimmer, das Ende der öffentlichen Wirksamkeit der Kirche in ihrer Mission als Licht der Welt.
[1] https://www.tagesspiegel.de/politik/italien-mit-hoechstzahl-an-corona-toten-armee-transportiert-leichen-mit-lkw-ab-ausnahmezustand-im-land-verlaengert/25660522.html
[2] Lk 13,2-5.
[3] Lk 12,29-31.
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Manichäismus
[5] Vgl. dazu den interessanten Artikel ‚Corona und die Frage nach Gott‘ von Reinhard Bingener vom 8.6.2020: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/was-hat-gott-aus-sicht-der-kirchen-mit-corona-zu-tun-16804657.html
[6] Angeblich soll es Sokrates gewesen sein, was mir bisher nicht bekannt ist: vgl. https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/was-hat-gott-aus-sicht-der-kirchen-mit-corona-zu-tun-16804657.html
