Kriminalisierung der Vernunft
Berlin, 8.August 2020
Sehr geehrter Herr Professor, lieber Herr Kutschera,
mit großer Bestürzung habe ich vom Urteil des Amtsgerichts Kassel erfahren. Im noch nicht rechtskräftigen Urteil sind Sie wegen angeblich homophober Beleidigung zu 6000 Euro Strafgeld verurteilt worden.[1]
Es ist ein riesiges Unrecht, wenn ein tapferer Bürger unseres Vaterlands für Äußerungen belangt wird, die weder ehrverletzend noch schandbar sind.
Die Definition von Homosexuellen-Paaren als „sterile, a-sexuelle Erotik-Duos ohne Reproduktions-Potenzial“[2], wie Sie es im beanstandeten Interview[3] vom 5.Juli 2017 ausdrückten, ist weder beleidigend noch sachlich falsch.
Zweifelsohne ist Ihr Hinweis auf diese schreiende Ungerechtigkeit vollkommen berechtigt, indem Sie betonen: „Der Staat hat nichts davon, wenn er sterile Homo-Pärchen privilegiert, denn die Rente dieser Menschen muss von den Kindern aus fertilen Mann-Frau-Ehen aufgebracht werden eine Ungerechtigkeit ersten Ranges.“[4]
Wesentlich ist auch Ihr Hinweis auf Missbrauch des Kindeswohl bei Adoptionen: „Sollte das Adoptionsrecht für Mann-Mann- bzw. Frau-Frau-Erotikvereinigungen kommen, sehe ich staatlich geförderte Pädophilie und schwersten Kindesmissbrauch auf uns zukommen.“
Ich möchte Sie auf die wohlfeilen und klugen Worte von Kardinal Ratzinger, dem damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, hinweisen, der Ihrem Duktus folgt 2003 Stellung in seinen ‚Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen‘[5] genommen hat.
Ratzinger betont: „Werden homosexuelle Lebensgemeinschaften rechtlich anerkannt oder werden sie der Ehe gleichgestellt, indem man ihnen die Rechte gewährt, die der Ehe eigen sind, ist es geboten, klar und deutlich Einspruch zu erheben. Man muss sich jedweder Art formeller Mitwirkung an der Promulgation und Anwendung von so schwerwiegend ungerechten Gesetzen und, soweit es möglich ist, auch von der materiellen Mitwirkung auf der Ebene der Anwendung enthalten. In dieser Materie kann jeder das Recht auf Einspruch aus Gewissensgründen geltend machen.“[6]
Mit dem denkbar größten Recht weisen Sie auf die eklatante Verletzung des Kindeswohls bei der Adoption von Kindern durch Homosexuelle hin. Kardinal Ratzinger urteilt, wie Sie, in aller größter Schärfe: „Wie die Erfahrung zeigt, schafft das Fehlen der geschlechtlichen Bipolarität Hindernisse für die normale Entwicklung der Kinder, die eventuell in solche Lebensgemeinschaften eingefügt werden. Ihnen fehlt die Erfahrung der Mutterschaft oder der Vaterschaft. Das Einfügen von Kindern in homosexuelle Lebensgemeinschaften durch die Adoption bedeutet faktisch, diesen Kindern Gewalt anzutun in dem Sinn, dass man ihren Zustand der Bedürftigkeit ausnützt, um sie in ein Umfeld einzuführen, das ihrer vollen menschlichen Entwicklung nicht förderlich ist. Eine solche Vorgehensweise wäre gewiss schwerwiegend unsittlich und würde offen einem Grundsatz widersprechen, der auch von der internationalen Konvention der UNO über die Rechte der Kinder anerkannt ist. Demgemäß ist das oberste zu schützende Interesse in jedem Fall das Interesse des Kindes, das den schwächeren und schutzlosen Teil ausmacht.“[7]
Es ist eine einzige Schande, wie in unserem Vaterland eine so große Ungerechtigkeit geschehen konnte: die mahnenden und so vernünftigen Stimmen, die die wehrlosesten Mitglieder unserer Gesellschaft, unsere Kinder, gegen den schändlichen Missbrauch verteidigen, werden kriminalisiert!
Recht wird zu Unrecht: vierzehn Jahre nach der Kriminalisierung von Homosexuellen durch die ersatzlose Streichung des Paragrafen 175 werden nun diejenigen um Geld, Ehre und vor allen Dingen Beruf gebracht, die für die Vernunft streiten.
Denn zweifellos ist Ihre biologische Begründung der Ablehnung der ‚Ehe für alle‘ vernünftig und in vollkommenem Einklang mit den Zehn Geboten, die in ihrer zweiten Tafel Ehe und Familie schützen!
Zum Schluss muss ich gestehen: ich empfinde größte Scham, über das vollkommene Versagen meiner deutschen Ortskirche, die Sie vollständig im Regen stehen lässt – ganz gegen die offizielle Auffassung der katholischen Weltkirche, die Kardinal Ratzinger unübertroffen skizzierte.
Bitte bleiben Sie standhaft – und schicken Sie mir eine Bankverbindung, damit Sie Ihr wichtiges Anliegen vor das Bundesverfassungsgericht bringen!
Gottes reichen Segen wünscht Ihnen
Ihr
Stephan Gröne
[1] https://www.hessenschau.de/panorama/kasseler-biologieprofessor-legt-nach-verurteilung-berufung-ein,biologieprofessor-kutschera-urteil-100.html
[2] https://www.idea.de/gesellschaft/detail/beleidigung-homosexueller-evolutionsbiologe-kutschera-geht-in-revision-113783.html
[3] https://www.kath.net/news/60177
[4] https://www.kath.net/news/60177
[5] https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/verlautbarungen/VE_162.pdf
[6] Ebd.
[7] Ebd.
