Wie ich meine Mottenplage los wurde

Sucht und ihr werdet finden!

                                                                                                  Berlin, 20.Juni 2020

Ich bekenne: ich hatte sie. Motten, jede Menge, geschätzt mindestens 200, eher 300.

In einer Küche von ungefähr acht (8!) Quadratmetern. Kaum zu glauben, aber wirklich wahr.

Drei Wochen jeden Tag die weißen Raufasertapeten absuchen – und buchstäblich zuschlagen.

In den letzten Tagen, bevor ich endlich fand, was ich eigentlich nicht suchte (s.u.): 14 bzw. 15. An einem Tag.

Drei Wochen lang, also im Durchschnitt 10 Motten. Das ist ordentlich.

Nein, ich knie jede Woche einmal und rutsche mit einem feuchten Lappen den Küchenboden lang, um mit ihm alles abzuwischen. Da war nichts. Weder Leichen noch Essensreste.

Noch nie hatte ich Motten – und bis diesen Mittwoch diese Heimsuchung.

  1. Wie aus dem Nichts

Ich lebe im wunderschönen Berliner Südwesten, ringsum alles Grün. Um die Ecke unser Steglitzer Stadtpark, auf der anderen Seite der Bäke-Park, hintenrum der Teltowkanal.

Hochparterre zum Hinterhof: Motten kommen im Sommer durch die offenen Fenster oft geflattert.

Meine Motten-Fallen liefen schon einmal vor einigen Jahren ziemlich auf Hochtouren. Denn Motten können auch aus verseuchter Gartenerde kommen, sie heißen dann bürgerlich ‚Erdeulen‘[1].

Dass ich auch in diesem Jahr mit den Plagegeistern zu tun hatte, wusste ich. Meine insgesamt sechs Fallen sagten es mir: zwei im Zimmer, vier im kleinen Flur.

Als ich am Dienstag vor knapp drei Wochen vier Fallen für die Küche kaufte und sie im Nu voll waren, wusste ich: ich habe ein Problem! Motten in der Küche, noch nie gehabt.

Ich dachte: Erdeulen, also das Viehzeug aus der Erde. Mit den Fahndungsfotos von Wikipedia hatten sie eine erschreckende Ähnlichkeit: ziemlich groß, braun gemusterte Flügel mit schwarzen Tupfern.

Und fliegen können sie: irre! Richtig im Zick-Zack, noch nie vorhergesehen. Und groß werden sie: sie schafften es nicht nur einmal aus den guten Lebensmittelmotten von ‚Aeroxon‘[2] herauszukommen. Nein, das ist keine Schleichwerbung, und ich werde nicht von dieser Firma bezahlt. Aber gut ist gut, gelle?

  • Ein Trugschluss

Ich dachte: meine Plage kommt aus der Luft und hat es sich in meinen achtzehn (18!) Zimmerpflanzen in der Küche gemütlich gemacht. Dachte ich.

Also gegoogelt und angebliche Lösungen gefunden:

  1. Ersäufen von lebenden Motten durch 30 Minuten Ertränken pro Topf
  2. Plastikfolie über jeden Topf
  3. Umtopfen der Erde

Also, ich dachte mit a+b versuchen, aber c nicht, weil ich die Blumenerde erst vollständig vor zwei Monaten ausgetauscht hatte, knapp 30 Liter insgesamt.

Also, dann 18 Blumentöpfe in den Eimer unter der Dusche, dann in Müllsäcke – und ab in den Keller.

Ergebnis: am Mittwoch durchgeführt, am Donnerstag 12 Motten, am Freitag 6 – und am Samstagmorgen bei der dunkelschwarzen Null!

Aber: beim Enthüllen der Blumentöpfe kam mir keine einzige Motte entgegen.

Und: beim angeblichen Ersäufen der geschlüpften Motten auch nicht.

Das muss stutzig machen.

Aber egal, so dachte ich: Null ist Null ist Null.

  • Ein Rückschlag

Dann der vollkommen unerwartete Gegenschlag: drei Tage lang jeweils drei, dann plötzlich wieder 6: alle achtzehn Blumentöpfe wieder in Folien verpackt und in den Keller getragen.

Blumenerde bestellt und abgeholt.

Die amtliche Statistik ohne Blumentöpfe (die im Keller verpackt waren): 10 und schließlich 13. Dann ein kleiner Ruhetag mit 4.

Konnte die Plage wirklich aus meinen Blumentöpfen kommen?

  • Eine Wende

Vollkommen verzweifelt quasselte ich alle wildfremden Menschen voll, die sich nicht wehren wollten.

Und ein zündender Gedanke: eine Nachbarin, die ich seit siebzehn (17!) Jahren gesehen habe – so lange lebe ich schon im schönsten Berliner Bezirk –, aber nie mehr als zwei Worte sprach, nannte mir ihr Wespenproblem in der Jalousie und den Berufszweig des Kammerjägers.

‚Kammerjäger‘, dachte ich, habe ich also ein echtes Problem, oder was?

  • Ein Telefonat

Am Montag rief ich besagten Herrn an, der wiederum meinte, ich solle es mit Nikotin versuchen.

Nun ja: ich google also wieder und finde, dass es ein hartes Kontaktgift ist.

Die schlimmste Dosis ist wohl 200g Zigarettentabak auf ein Liter.

40 Liter Blumenerde herangeschleppt und Tabak besorgt.

  • Highnoon – und drei Überraschungen

Am Mittwoch sollte die Party steigen: die finale zur Strecke Bringung meiner ungeliebten Plagegeister.

Extra früher Feierabend gemacht, schnell zu Jesus in die Nahe Kirche geeilt, um himmlischen Beistand zu erflehen – und los ging es.

Die erste Überraschung: wie schon vorher – nix Motten in Folien. Also brauchte ich nicht umtopfen, denn aus der Erde konnten sie nicht kommen.

Woher aber dann?

Schnell den Nikotin-Sud hergestellt und auf meine achtzehn (18!) Pflanzen gegossen, die diese Tortur schon zum zweiten Mal mitgemacht hatten.

Dann blieb ein kleiner Rest an Giftcocktail übrig: wohin damit?

Unter das Brett über dem Heizkörper, so dachte ich, vielleicht lieben sie die Ritzen!

Also ein Haushalttuch getränkt: und die zweite Überraschung. Denn hinter dem unbehandelten Holz war eine Vertiefung fühlbar, die ich noch nie gesehen hatte.

Dann die dritte Überraschung: Motten, die auffliegen und Holzwolle!

  • Triumphgeheul und neuer Zweifel

Überglücklich, weil ich dachte, des Rätsels Lösung sei gefunden, bin ich zur Nachbarin geeilt. Und freudestrahlend meine Entdeckung mitgeteilt. Und dann die 40 Liter Blumenerde als ewiges Dankeschön überreicht, weil ich sie ja nicht brauchte – sie aber schon, da sie sich um den Garten am Straßenrand kümmert.

Dann der Heimweg: Grübeln über knapp ein Dutzend Holzwoll-Krümel – konnten sie wirklich die ungefähr 300 Motten ernährt haben?

Neue Zweifel, alte Angst.

  • Die vierte Überraschung

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, so dachte ich. Ich war ja drei Wochen lang jeden Tag außer Atem und bereit, Leben und Tod (wenigstens der Motten) zu riskieren.

Also nochmals hinter den nicht sichtbaren Einlass unter dem Küchenfenster gegriffen: zwei Löcher mit ganz viel Holzwolle gespürt – und wieder Motten, die sich vor Freude in die Luft hoben.

Mit buchstäblich letztem Geld (15 Euro) in mein Lieblingszeitungsladen gestürmt – und nochmals Tabak Sud hergestellt.

Wieder mit Haushaltstüchern getränkt und in Löcher gestopft. Die Bretter nochmals mit Sud bestrichen.

Am nächsten Donnerstagmorgen unbändiges Triumphgeheul: null Motten am Firmament meiner Küche.

  • Letzte Zweifel – und noch eine Überraschung

Sollte das wirklich alles gewesen sein? Im Homeoffice hört man ja nicht ganz auf, Mensch zu sein.

Die schweren alten fast gusseisernen Heizkörper sind sowohl in der Küche als auch? Richtig, als auch im Zimmer, zwei weitere.

Sollten auch hier genau an schon beschriebener Stelle wiederum zwei Löcher mit Holzwolle sein? Ja, sie sollten.

Dann mal schnell in den Keller, trotz Homeoffice: Lage erkundet, Gips und Holzleim gesichtet.

Am Nachmittag dann mit Blut und noch mehr Schweiß (tropische Temperaturen mit Gewitterfront) schnell mal eben Modellgips Löcher und Spalten gefugt und nochmals mit viel Holzleim gestrichen.

  1. Am Ende: Jesus hat Recht – und ich meine Rechnung

Jesus verheißt uns doch: „sucht und ihr werdet finden“[3].

Das Finden liegt an ihm – das Suchen dann doch bei uns!

Neben vielen Ängsten und Schweiß meine Rechnung:

  • 18 Mottenfallen à 4,50 Euro
  • Tabak: 50 Euro
  • Schlupfwespen: 50 Euro
  • Gartenerde: 15 Euro

Also dann doch wohl um die 200 Euro – nur weil ein trächtiges Mottenvieh den Weg in ein Loch gefunden hat, das mir so verborgen war!

Und warum? Weil die Motten riechen: sowohl den Duft der Fallen als auch den der Holzwolle.

Und so wollen wir schließen: geben wir das Suchen niemals auf, denn das Finden ist uns verheißen!

  1. Nachwort

Da ich einmal gesehen habe, wie Termiten in meines Vaters Garten eine ganze Wand in Nichts aufgelöst haben, will ich nur kurz andeuten, warum ich z.B. kein Brett nahm, um die Löcher samt Fugen zu schließen.

Wenn das alte Holz hinter dem Heizkörper brechen würde, könnte es sein, dass das nackte Grauen mich anlächelt, denn ob es nur alte Holzwolle ist, die sich im Hohlraum verbirgt, weiß ich ja nicht – und möchte ich nicht wissen.

Dann bräuchte es:

  • Eine Krankenschwester, die meine Platzwunde versorgt, weil ich angesichts des nackten Grauens rücklings zu Boden fiel
  • Einen Heizungsmonteur, der den Heizkörper abmontiert
  • Einen Kammerjäger, der das nackte Grauen entsorgt
  • Einen Handwerker, der alles fachmännisch abdichtet

Hier mahnt uns Jesus: „deine linke Hand [soll] nicht wissen, was deine rechte tut“[4].

Oder auf gut Deutsch: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß!“


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Schmalflügelige_Erdeule

[2] https://www.aeroxon.de/produkte/motten/

[3] Mt 7,7b.

[4] Mt 6.3b.

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