Kardinal Meisner: eine Biographie mit frommem Wumms

Kardinal Meisner: „Wer sich anpasst, kann gleich einpacken!“

Berlin, 20.September 2020

Das Buch ist eine Wucht. So wie der Mann es wohl gewesen war. Als würde er einen Apfelbaum gepflanzt haben – und wartet ein paar Jahre, bis die Früchte reif sind. Und sich vom Himmel aus mit uns freuen kann, wie wir uns an seinem Buch auferbauen.

Kardinal Meisner muss einer gewesen sein, den ich unbedingt leibhaftig hätte kennen lernen müssen. Denn sein Buch ist eine Wucht. Ich lese am Wochenende nach den warmen Mahlzeiten am Samstag und Sonntag immer so ein paar Bücher, nur zwei Seiten, dann blättere ich um. Selten bin ich so ganz gefesselt, nur bei ihm – und Anna Katherina Emmerick, Schwester Faustina sowi der begnadeten polnischen Schriftstellerin Maria Winowska.

Bei ihm kommen mir am Ende immer die Tränen und zwei Gebete auf die Lippen: „Lieber Kardinal, bitte für mich!“ Und dann, weil ich nicht wissen kann, ob er noch im Fegefeuer ist: „Lieber Jesus, hilf ihm!“

Der Mann muss eine einzigartige Wucht gewesen sein. Nein, keine Sorge, er tritt nicht nach, jedenfalls nicht bis zur Seite 204. Denn ich kann es nicht länger festhalten, sondern muss meine Botschaft loswerden: Leute, kauft dieses Buch!

Ja, er muss ein großer Seelsorger gewesen sein, wenn er es so gut vermeiden kann, Geheimnisse auszuplaudern. Und wenn er es so punktgenau hinbekommt, über sich selbst zu lachen und andere wenigstens zum Schmunzeln zu bringen. Dabei lacht er nie über andere – und nimmt sich gerne selbst auf die Schippe. Ja, eine Wucht muss er gewesen sein.

Wenn mir die Tränen kommen, so auch, weil er der Letzte einer Art von Männern war, die es so scheinbar nicht mehr gibt. Die eine Meinung hatten. Und weil sie eine hatten, um die Unterschiede wussten. Und diese verändern wollten. Wer sich anpasst, hat keine Ahnung und keine Meinung. Das ist nicht wirklich gemein. Und nicht wirklich neu. Nur gibt es nicht viele, die sich konsequent danach richten.

Und wenn mir die Tränen kommen, dann auch, weil eine zeitgeschichtliche Epoche zu enden gegangen zu sein scheint. Er kam aus der ehemaligen DDR, die er als katholisch kerngesünder empfand, als das, was er im Westen vorfand. Und beides liegt in Trümmern. Der wilde Osten und der freie Westen. Kein Ort für Jesus, nirgends, außer bei den Leuchttürmen, den frommen Bekennern.

Denn eines wird in der Biografie, die so eingehend gutgeschrieben wird, sonnenklar. Da wo Kardinal Meisner war, war Jesus. Nicht weil Kardinal Meisner ein Heiliger war – vielleicht schon auch. Jesus war mit Kardinal Meisner, weil dieser Seine Botschaft gesagt hat. Und sein ganzes irdisches Gewicht in die Waagschale warf.

Und das konnten viele andere Christen, die Kardinal Meisner als seine Vorläufer und Helden beschreibt, z.B. Tante Anna [35-41], die gerade heraus ihren katholischen Glauben lebt, ganz genauso, wie es ihr unser Kardinal nachempfand. Er nennt viele andere, die ihm halfen. Und er tadelt nur wenige.

Das unterscheidet ihn von allen anderen, die im Verhältnis zu ihm Fliegengewichte sind: heute hier, morgen dort!

Das Einzige, worum ich ihm böse bin, ist eigentlich nur, dass ich ihn nicht kennengelernt habe. Kurz vor seinen Tod wollte ich ihn besuchen, weil ich dachte: der letzte Katholik Deutschlands muss verehrt werden. Dann starb ein tschechischer Kardinal, so dass der Termin platzte. Ich dachte damals: er ist halt alt und eitel, da tanzt er auf allen Beerdigungen.

Weit gefehlt, mehr als sehr weit gefehlt. Kardinal Meisner hat sich unsterbliche Verdienste um die osteuropäischen Kirchen erworben, besonders um die tschechische, weil er vollkommen illegal Priester weihte: das war ein starkes Stück und ein echtes Ruhmesblatt [146-152].

Eine kleine Blütenlese der kostbarsten Sprüche – am besten mit den Einführungen des Kardinals lesen.

  1. Als der heilige Papst Johannes Paul II ihm in Castel Gandolfo sagte, der Kommunismus würde kippen, erwidert unser Kardinal: „‘Das glaube ich nicht. Außerdem haben Sie dies nicht ex cathedra gesagt, sondern nur ex Gartenstuhl.‘“[191]
  1. Zur damals noch unverheirateten Angela Merkel bemerkte unser Kardinal trocken: „‘Na, Frau Landsmännin‘, begrüßte ich sie. ‚Sie kommen wohl zu mir zum Brautunterricht – so wie jedes katholische Paar, bevor es heiratet, um festzustellen, ob es auch geht!‘“[138]
  1. Als er zum Bischof ernannt wurde, schrieb er seiner Mutter und seinen Geschwistern: „‘Ihr wisst selbst, und ihr kennt mich, dass ich dessen gar nicht würdig bin. Aber wir sind in der DDR, wo wir nun mal keine große Auswahl haben. Nur so ist es möglich, dass die Wahl auf mich fiel. Dies ist aber kein Grund für euch, überall zu sagen: ‚Unser Bruder ist Bischof.‘ Sondern sagt lieber, dass ich ein armer Schlucker bin – und betet für mich.‘“[98]

Das Beste für uns könnte sein: ein Seligsprechungsprozess, dann würden wir zwei Fliegen mit einer Klatsche schlagen – das irdische Andenken des Kardinals ehren und seine himmlische Kraft bekommen, unmittelbar von Jesus aus als Seliger oder aus dem Fegefeuer!

Wo auch immer er sein mag, an dem schrecklichen Ort der Verdammnis gewiss nicht, also kann es nur fromm sein, seine Fürbittkraft zu erflehen: lieber Kardinal Meisner, bitte für uns!

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