Die Josefsehe

Von Moos und Brombeersträuchern

Berlin, Heiligabend 2020

In diesen Tagen feiern wir Weihnachten: die Geburt unseres Erlösers Jesus Christus, empfangen von Maria und beschützt durch Josef.

Der Name ‚Josefsehe‘ kommt also vom Nährvater Jesu und seiner Mutter, der Allerseligsten Jungfrau.

Im Folgenden soll es um die Grundlagen der Josefsehe gehen, die vielleicht eine tiefere Bedeutung für uns haben können.

  1. Liebe, Liebe und nochmals Liebe

Der erste Grund für einen Mann und eine Frau, die Ehe einzugehen, ist die gegenseitige Liebe.

Der Völkerapostel Paulus bringt es wie immer genau auf den Punkt. Er schreibt im ersten Korintherbrief über den Ehemann – und natürlich gilt sein Wort ebenfalls für die Ehefrau: „er will seiner Frau gefallen.“ (I Kor 7,33b)

Die erste Frage der Verliebten ist nicht: „Wird sie mir gefallen?“ oder „Wird er mir gefallen?“

Nein, ganz genau umgekehrt: „Kann ich meine Zukünftige glücklich machen? Bin ich als Ehemann in der Lage, meiner Zukünftigen alles zu bieten, was sie braucht?“

Das heilige Zweite Vatikanische Konzil drückt es in der vortrefflichen Enzyklika Gaudium et spes so aus: „Die innigste Gemeinschaft des ehelichen Lebens und der ehelichen Liebe, die vom Schöpfer begründet und mit eigenen Gesetzen ausgestattet ist, wird durch den Bund der Ehe bzw. das unwiderrufliche personale Einverständnis hergestellt. So entsteht durch einen menschlichen Akt, in dem die Eheleute sich gegenseitig übergeben und annehmen, eine durch göttliche Anordnung feste Einrichtung, auch vor der Gesellschaft“(GS 48,1)[1].

Dem anderen zu gefallen, ist einerseits natürlich vollkommen selbstlos gegenüber der Zukünftigen, andererseits zeigt es schon hier die natürliche Grenze auf: die Ehe will die gegenseitige Liebe – sie ist ihr Kraftstoff; wer nicht lieben kann, kann es lernen, aber bitte vor der Ehe!

Seelische Krankheiten sind echte Hindernisse, die aus dem Weg geräumt werden können – nicht müssen.

Natürlich kann ein Ehepartner einen seelisch Kranken heiraten, nur ist das eher eine samaritanische Geste im Sinne einer Feindesliebe, aber keine katholische Ehe.

Ein schöner Grundsatz für eine heiligmäßige Ehe könnte sein: „Dem Partner keine Gelegenheit zu geben, aufeinander böse zu sein!“

Mit einem Wort: der Partnerin einen Raum schaffen, in welchem sie nicht anders kann als pausenlos zu rufen – „Halleluja, Halleluja, Halleluja!“

Der Mann als Haupt seiner Frau hat sie natürlich als wichtigstes Ziel in den Himmel zu führen, der über das irdische Paradies geht – nicht über die Hölle auf Erden.

Also dem Partner soweit es nur geht entgegenkommen, dass sie immer denkt: da wird mir ein warmer Mantel gereicht, der gut duftet und genau passt!

Es geht also bei der Liebe um ein möglichst großes Maß an Ganzheitlichkeit: den Partner insgesamt zu kennen, zu schätzen und ihm ein Nest zu bauen.

Dieser wichtigste Gedanke passt in meinen Augen haargenau auf die Ehe von Maria und Josef, sogar in überaus vortrefflicher Weise.

Er liebte sie ja offenbar in großartiger Weise. Und musste feststellen, dass sie schwanger war. Nicht von ihm.

Weil er sie so liebte, duldete er die Schmach ihrer Schwangerschaft, die nicht in seinem Samen ihre Ursache hat. Für einen echten Mann schon eine äußerst schwere Demütigung.

Nicht allein dies dürfte der Grund für viele Missverständnisse in ihrer ganzen Tragweite sein, sondern wohl auch die Tatsache, dass Maria und Josef zwar die Ehe wollten, aber vorher ewige Keuschheit gelobten.

Das liegt jedenfalls nahe und ist von einem Teil der nichtkanonischen Überlieferung gedeckt[2], die von der liturgischen Tradition übernommen[3] und von der Prophetie einer Anna Katherina Emmerick bestätigt[4] wurde.

Die Josefsehe wird nicht ohne Grund als Engelehe[5] bezeichnet, weil sie von einer Reinheit ist, die ihresgleichen sucht.

  1. Empfänglichkeit für die Kindschaft Gottes

Neben der gegenseitigen Liebe ist der zweite Grund die Gründung einer Familie, also die Erwartung auf die eigenen leiblichen Kinder, die geboren werden sollen.

Nun, ein süßes Kindlein sollte geboren werden: Jesus Christus – wahrer Gott und wahrer Mensch!

So gesehen passt der Wunsch nach Kindern durchaus auf die beiden, allerdings nicht im natürlichen Sinne von Geschlechtsverkehr zwischen einem Mann und einer Frau.

Die klassisch traditionelle Arbeitsteilung von Mann und Frau, wie sie für die Schöpfungsordnung prägend ist, ist hier ebenfalls vorhanden.

Der Mann ist das Haupt der Familie, indem er sie nährt und beschützt; die Frau kümmert sich um Kind und Haushalt. Besser geht es nicht.

Unser Heidenapostel Paulus schreibt dazu: „der Mann aber [ist] das Haupt der Frau“ ( I Kor 11,3b).

Diese wichtige Lehre über die Vor- und Unterordnung von Mann und Frau wurde zuletzt durch die so wichtige, wenn auch vergessene, Enzyklika Casti Connubii meines Lieblingspapstes Pius XI bestätigt, der Augustinus zitiert, wonach der Mann das Haupt, die seine Frau allerdings das Herz der Familie ist.[6]

Rein logisch gesehen ist die weibliche Einfühlsamkeit, als Fremdwort Intuition, immer vor der männlichen Vernunft, auf Latein ratio, gelegen, weil die logische Intuition immer schon vorhanden sein muss – so wie menschliche Sprachfähigkeit schon vorhanden sein muss, damit überhaupt eine Sprache erlernt werden kann.

Der gute Ehemann braucht also die ganzheitliche Herangehensweise der Ehefrau, um vor Einseitigkeiten bewahrt zu werden: die männliche Logik ist seine Geradlinigkeit – die männliche Krankheit genau dieser typisch männliche ‚Tunnelblick‘.

Und die Frau braucht die gerade Linie ihres Mannes um nicht in ihren vielen Eindrücken in Reizempfänglichkeit zu versinken – die typisch weibliche Konfusion. Der Mann muss also der Frau sagen, wer sie ist, wer nur er die logischen Worte findet.

Die Frau allerdings muss empfinden, ob er ihr überhaupt etwas zu sagen hat, weil er vielleicht einfach nur ein scheinbar männliches Gespenst in den Tunnelgängen eines unentwirrbaren Labyrinthes ist.

Der zweite Zweck der Ehe bewahrt also in der gemeinsamen Fürsorge für die Kinder die beiden Eheleute vor dem unendlichen Irrsinn des immer neuen Genusses des jeweils anderen.

Wenn also die beiden Eheleute nur immer sich selbst lieben und es nicht zur Vater- und Mutterschaft im geistlichen Sinne schaffen, also sich in Fruchtbarkeit an die Zukunft zu binden, die nun einmal ganz klar alleine durch Kinder möglich ist, so ist ihre Liebe tatsächlich keine wahre Liebe.

Schon hier ist klar: die Herausforderung, die Kindsvater und jungfräuliche Mutter des eingeborenen Sohnes Gottes, Jesus Christus, zu sein, ist für die Ehe als zweite Säule tragender Grund nicht weniger als die gegenseitige Liebe der Eheleute zueinander.

Nur durch dieses zweite gemeinsame Ziel, seien es körperlich eigene Kinder oder geistliche, wird die Ehe vor endloser Tändelei bewahrt.

  1. Mit Maria und Josef über Moos und Brombeeren laufen

Der Ehemann ist Schutz und Halt für seine Frau und seine Kinder. Während die Frau durch die Kinder mehr im Augenblick lebt und dadurch die ganze Zierde und Freude von Mann und Kindern ist, denken wir Männer mehr an die Zukunft, weniger an den Augenblick.

Wir Männer bauen wie Josef das Haus, unsere Frauen richten es ein und schmücken es und leben die Familie als ihr wahres Herz. Beides ergänzt sich natürlich vortrefflich und wunderbar.

Und in einer Josefsehe? Josef mag sich ebenfalls gedacht habe: diese süße hübsche Frau und mein zartes kleines Kindlein, die brauchen ein zünftiges Dach über dem Kopf. Und als Zimmermann hatte er natürlich die besten Erfahrungen genau damit: ein gutes geräumiges Haus zu bauen!

Pustekuchen, Gott hatte Anderes im Sinne. Wir wissen: die Geburt Jesu fand nicht im heimeligen Haus zwischen sicheren Wänden statt. Und Jesus schlief nicht selig in einem selbst gezimmerten Kinderbett. Maria ruhte sich nicht einem gepolsterten Bett am warmen Kamin aus. Und schon bald mussten sie vor Herodes flüchten.

In einer guten sakramentalen Ehe bereitet der Ehemann der Frau einen Weg aus Rosen und Moos. Die Josefsehe ist anders: hier zählt der Wille Gottes allein, der Wille des Herrschers über Himmel und der Erde

Wie zwei Blinde halten sich Maria und Josef gegenseitig die Hand und führen sich sozusagen gegenseitig: alles was Josef weiß, muss Maria wissen. Und umgekehrt gilt das nämlich: alles was Maria weiß, muss Josef wissen.

Jeder Schritt zählt und jede falsche Bewegung kann zum Zerreißen führen. Wenn sie sich loslassen, finden sie vielleicht niemals mehr zusammen.

Sie müssen sich blindlings vertrauen – so wie alle Christen Gott vertrauen, nur eben wie Engel noch vielmehr!

Wenn Gott Maria und Josef über Moos entlang eines lieblichen Baches führt, dann darf Joseph nicht übermütig werden und mehr wollen. Er muss es sich versagen, seine Geliebte über den Bach zu führen. Denn er weiß nicht, was kommt: vielleicht sind es Brombeersträucher auf der anderen Seite des Baches, die wie Stacheldraht darauf warten, die beiden Liebenden zu zerfleischen! Er ist ja blind, er sieht ja nichts.

Und Maria? Als zarte süße Frau will sie Josef eine typisch weibliche Freude machen. Sie riecht den Duft ihrer Lieblingsblumen. Sie muss es sich versagen, sie zu pflücken, denn sie müsste ihn zu den Blumen zerren und vielleicht wartet dort eine Natter?

Joseph und Maria können sich also nur immer das schenken, was ihr eigenes Unvermögen ist: die anständige Zurückhaltung und die Demut im Verzicht.

Joseph und Maria hatten letztlich nur Eines: die Liebe zueinander und die Liebe zu Gott, ihrem Kind.

Das ist zutiefst romantisch – und zugleich zutiefst herausfordernd.

[1] Zitiert nach: Die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils, zweisprachige Studienausgabe, hg. v. Peter Hüntermann, Freiburg-Basel-Wien ³2012, 665f.

[2] Jakobusevangelium (jakobus-weg.de)

[3] Gedenktag Unserer Lieben Frau in Jerusalem – Wikipedia

[4] Siehe Anna Katharina Emmerick, Das Leben der heiligen Jungfrau Maria, Stein am Rhein 11.Aufl. 2009, 152.

[5] Josefsehe – Wikipedia

[6] Pius XI.: Enzyklika Casti connubii (stjosef.at)

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