Meine Liebeserklärung
Berlin, 13.März 2021
Meine beiden Hauptgründe für den Konversion von der evangelischen Kirche in die eine, heilige, apostolische und katholische Kirche sind und bleiben die unverbrüchliche katholische Lehre, wie sie im wunderbar klaren ‚Katechismus der katholischen Kirche‘[1] dargestellt wird und dem Stellvertreter Christi als Haupt der katholischen Hierarchie, der genau diese schöne und lebensspendende Lehre schützt.
Und: es gibt noch vielmehr Gründe, die ich erlebte, als ich katholisch wurde, denn Glied am Leibe Christi zu sein ist mehr eine Lebensweise, eine äußerst herausfordernde allzumal, als eine Ansammlung von widerborstigen Dogmen.
- Was der Papst tut, ist bedeutsam
Als ich noch Lutheraner war und das Papsttum ablehnte, habe ich das ganze Interesse am Vatikan und seinem Haupt, dem Heiligen Vater, als Personenkult angesehen: „Warum dieser ganze alberne Zirkus um einen alten Tattergreis?“, so dachte ich mir – man verzeihe mir meine Berlinische Flapsigkeit.
Immer dachte ich zudem: so ein altes Gemäuer von tausend in sich unverständlichen Lehren und Gesetzen und Vorschriften und Traditionen – kann da jemand durchblicken?
Nun, schon unser ostdeutscher Diktator Erich Honecker hatte zu Recht bemerkt: „Totgesagte leben länger!“ Immerhin existiert das Papsttum seit zweitausend Jahren, jedenfalls nach eigener Auffassung. Der Kommunismus auf deutschem Boden brachte es auf biblische vierzig Jahre.
Wer also Insasse der katholischen Kirche ist und jeden Sonntag brav die Heilige Messe besucht, weiß: es ist vollkommen bedeutsam, was in Rom gedacht und gemacht wird.
Die ganze Aufmerksamkeit für die ewige Stadt ist nicht ein lächerlicher Personenkult, sondern das ganze pralle Leben.
Als vor einigen Jahren der zurückgetretene Papst Benedikt XVI meinte, er müsse die Tridentinische Messe auf Latein aufwerten, hatte dies in der Berliner Bischofskirche zu Folge, dass eine Messe im Monat, die am Anfang des Monats, auf Latein gefeiert wird – immer, bis heute.
Da kann ich nur sagen: „Klappe zu, Affe tot.“[2] Oder um es in Kirchenlatein darzubieten: „Roma locuta, causa finita“[3], was auf gut Deutsch so übertragen werden kann: „Rom räusperte sich, alle dürfen schweigen.“
Klingt irgendwie furchtbar, ist es Gott sei Dank nicht. Denn nur so wird die Einheit gewahrt, in jedem volkswirtschaftlichen Unternehmen kann es nicht anders sein: der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen kann nur unter Strafe der fristlosen Kündigung seinen Wunsch äußern, ab morgen Tesla-Autos zu produzieren.[4]
Mich erfüllt es mit großem Stolz, teil einer weltweiten Non-Profit-Organisation zu sein, die regelmäßig in der Weltpolitik ganz oben im positiven Sinne mitmischt: und sei es durch eine mutige Reise in den Irak, wie vor einem Wochenende.[5]
- Liebende Anbetung Gottes als Normalfall
Ehrlich gesagt: wenn die Reformatoren der evangelischen Kirche die Lehre ‚sola fide‘ vertreten, hat dies wahrhafte Folgen für das Glaubensleben. ‚Allein durch den Glauben‘ ist eben nicht die reine Gottesliebe, echt nicht!
Ich bin jetzt dreißig (30!) Jahre Christ: 16 Jahre evangelisch, 14 Jahre katholisch. Meine Glaubenserfahrung war seit meiner Bekehrung immer tief.
Richtige Wurzeln in der Liebe zu Gott kann nur derjenige haben, der katholisch wird. Nein, das ist keine Schmähung meiner protestantischen Glaubensbrüder, die ich weiter mehr als schätze, wofür ich viele Beispiele nennen könnte – und im 5.Kapitel mit Reinhold George nenne.
Die ‚Eucharistische Anbetung‘, und sei es nur das selbstverständliche Verbeugen oder Hinknien beim Eucharistischen Segen, ist echte Gottesverehrung, die mit Liebe gleichzusetzen ist.
Und das gibt es in der evangelischen Kirche nicht. Leider.
Dabei geht es nicht um die Frage, in wieweit eine Hostie in Leib und Blut Christi gewandelt werden kann oder nicht.
Dabei geht es um die Frage – und das Papstamt ist letztlich eine weitere Antwort darauf: „Ist der ewige Sohn des Vaters vom Himmel herabgestiegen und hat Fleisch angenommen?“ Und: „Hat ER die Kirche als Seinen Leib, also Sein Fleisch und Blut, gegründet?“ Und weiter: „Lebt also Gott in Seinem Leib wahrhaft und weidet ER Seine Schafe?“
Die Protestanten sagen genau dies nicht: wie ein Komet schlug Gottes Sohn auf Erden auf, hinterließ ein paar Buchstaben, die wir Evangelium nennen, und vor allen Dingen Glaubensabfall und Chaos – bis nach 1500 Jahren Martin Luther erschien…
In meinen Augen ist es viel einfacher an einen göttlichen Plan zu glauben, der mit der Vernunft nachvollziehbar ist, als an einen außerirdischen Impact kosmischen Ausmaßes, sorry.
- Einheitliche Liturgie
Ich war noch nie der Liturgie-Freak und kenne alle möglichen Feinheiten nicht und will sie nicht kennenlernen.
Ich bete das Stundengebet morgens und abends in einem schönen und geschmackvollen Büchlein[6] und liebe die lateinische Komplet, weil die deutschen Übersetzungen einfach die geballte Ladung an echter katholischer Gottesverehrung nicht annähernd erreichen.
Und dann: ja, und dann? Und dann gibt es das neue Gesangbuch namens ‚Gotteslob‘, mit wirklich phantastischen Liedern. Ein bisschen dick und dadurch unhandlich – und gerade deswegen eine einzige Wucht – nur hammermäßig.
Und evangelisch? Eine Zettelwirtschaft nach der anderen. Da noch ein Liedzettel mit so einem ganz, ganz wichtigen Lied, weil es in kein Gesangbuch geschafft hat, – so wichtig ist es, jawohl – …
Und dann die halben Dutzend Liederheftchen im grauenhaften Zustand: eins für die Jugend, ein anderes für die allzu Frommen und ein drittes für die Progressiven.
Da verliert man den Überblick schon so manches Mal: und je nachdem, welches Konvolut man in die Hand gedrückt bekam – natürlich mit einem beseligen Lächeln der Gottesdienstmitarbeiters – weiß ich, welche Stunde geschlagen hat: gleich am Anfang des Gottesdienstes, auch warte!
Dagegen finde ich die katholische Messe erstaunlich abwechslungsreich: mal länger, mal kürzer; mal mit psalmierendem Wechsel von Kantor und Gemeinde, mal mit lateinischem Agnus Dei.
Es ist also durchaus nicht so, dass die armen Katholiken ihre berechtigten unterschiedlichen Frömmigkeitstypen nicht leben dürfen. Der Variantenreichtum erstaunt eher und ist viel größer als im Protestantismus.
Die Unterschiede werden einfach ein bisschen besser gelöst: in der 8-Uhr-Messe eher die rustikale Form ohne Schnörkel; in der Familienmesse um 9-Uhr-30 die moderne Variante; in der 11-Uhr-Messe dann das Hochamt mit allem liturgischen Schnickschnack.
Weil die Regeln ziemlich klar sind und hier bei uns im Erzbistum Berlin ohne Ausnahme (jedenfalls ist mir nichts Gegenteiliges bekannt) eingehalten werden, ist möglichen Abweichung eher die Tür geöffnet.
Denn protestantischerseits kommt ja nicht so sehr die Masse Mensch wie bei uns Katholen. Wer den einen einzigen sonntäglichen Gottesdienst in der eigenen Pfarrkirche nicht mag, darf halt woanders hingehen. Naja, kein Wunder, dass der Spaltpilz beständig seit Martin Luther dort ganze Arbeit leistet.
- Priester predigen besser
Ich kenne den Studiengang ‚Katholische Theologie‘ sowie die Weiterbildung in den Priesterseminaren leider gar nicht.
Als Diplomtheologe durfte ich an der Universität Latein, Griechisch und Hebräisch lernen, weil die Reformation sich den Schlachtruf des Humanismus zu eigen machte: ad fontes, zu den Quellen.
Ein an und für sich guter Gedanke, den man weder vorschnell noch überhaupt kritisieren sollte. Rein oberflächlich ist mir leider aufgefallen, dass die katholische Exegese viel zu zahm mit den biblischen Urtexten umgeht und vor allen Dingen bisher nicht wirklich aus dem reichen Schatz der so genannten Apokryphen schöpft.
Apokryphen der Lutherbibel sind zum Beispiel die ‚Weisheit Salomos‘ und ‚Jesus Sirach‘, die allerdings zeitlich ziemlich nahe am Evangelium sind und von Jesus eher mehr als weniger geschätzt werden.
Richtig gute eigenständige Kommentare zu diesen nicht wenigen Büchern gibt es m.W. nicht; zu groß ist der Kotau vor einer falsch verstandenen Ökumene.
Nach meinem unmaßgeblichen Eindruck trauen ist die Katholen einfach nicht an das etwas unerforschte Gelände heran, wohl auch wegen mangelnder Sprachkenntnisse.
Eine Sache ist allerdings im vierzehnjährigen Vergleich klar: durch die große Masse an Heiligen Messen sowohl werktags als auch am Wochenende sind die mir bekannten katholischen Priester – so ungebildet und bescheiden sie sein mögen – praktisch allen mir bekannten evangelischen Pfarrern – so gediegen unser praktisch altphilologisches Studium immer sein mag – weiter überlegen. Mehr als weit.
Denn alleine durch die Siebenzahl der Sakramente sind die katholischen Priester dem Volk Gottes näher, jeden einzelnen Tag.
Wer von echter Volkskirche sprechen möchte, hat sie in dieser verknöcherten und dringend erneuerungsbedürftigen katholischen Kirche im Durchschnitt mehr als im ganzen Protestantismus.
Es mag immer so einige protestantische Leuchttürme geben, aber in der Masse leuchten die schlechtesten Priester mehr als selbst die besten evangelischen.
Denn die schlechtesten Priester müssen sich nicht jeden Tag neu erfinden, um die Schäflein herbeizulocken. Nein, sie haben ein Grundgerüst, das beständig ist. Eigentlich sollten sie das Gerüst tragen, manchmal ist es halt umgekehrt.
Wobei dieses Manchmal in der Kirchengeschichte eher der Normalfall ist, leider.
- Erinnerungskultur
Wer mir ein übles Null-Acht-Fuffzehn-Protestantismus-Bashing unterstellen will, der sei hier gewarnt und an meinen Lieblingsprotestanten Reinhold George erinnert.
M.W. bin ich der Einzige weit und breit, der an die großen Verdienste des emeritierten Superintendenten des Kirchenkreises Berlin-Schöneberg erinnert.[7]
An jedem Allerheiligentag seit einigen Jahren pilgere ich zu ihm, der inzwischen vollkommen dem Vergessen anheimgestellt wurde.
Er war ein ostpreußischer Pfarrer, der innerhalb der ‚Bekennenden Kirche‘ gegen die so genannten ‚Deutschen Christen‘ die Wahrheit des Evangeliums hochhielt, wonach Kirche Kirche bleiben muss, sich also den Zumutungen des Zeitgeistes nicht unterwerfen darf.
Im damaligen West-Berlin war er der Vertreter in der ‚Konferenz Bekennender Gemeinschaften‘, die wahrhaft tapfer gegen viele Irrlehren auftrat.
Die durchaus ruhmreiche, wenn auch zutiefst papstfeindliche, Bekenntnisbewegung ‚Kein anderes Evangelium‘ gehörte dazu.
Es ist nicht auszudenken, was gewesen wäre, wenn mir dieser großartige Mann Gottes – der einzige, den ich bisher leibhaftig sah[8] – keine Urlaubskarte aus Dänemark geschrieben hätte. Schon im wohlverdienten Ruhestand hätte er mir nicht schreiben brauchen, aber er tat es.
Im jugendlichen Übermut trennte ich mich leider von den so kostbaren Heftchen der ‚Evangelischen Sammlung‘, die Superintendent George herausbrachte. Noch heute könnte ich mir dafür ins Knie schießen, am besten in beide zugleich.
Keine Chance an diese Kleinode heranzukommen: weder seine ehemalige Kirchengemeinde ‚Zum Heilsbronnen‘ noch sein ehemaliger Arbeitgeber, das Konsistorium, hatte es auf meine freundliche Bitte nötig, mir eine Antwort zu geben.
Und katholischerseits? Ich selbst besitze Reliquien, allerdings nur so genannte Berührungsreliquien, also ein Stück Stoff berührt die Reliquie bzw. dessen Schrein. Wer Reliquien nicht mag, kann dennoch einen guten Eindruck von einer guten katholischen Erinnerungskultur erkennen.
Jeder Besuch in jeder katholischen Kirche der Welt, überall, wirklich, ist voller Anklänge an die Vergangenheit einer jeden Kirche.
Denn wir Katholiken führen nicht nur Papstlisten, wie zweifelhaft auch immer. Nein, wir Katholiken wissen: so wie Jesus Christus nicht ein Komet war, sondern vom Vater kam, so hat jeder Bischof eine Vorgeschichte und wurde nicht von einem Kometen geweiht.
Nein, wir Christen – evangelisch und katholisch – kommen nicht aus dem Nichts, sondern unser Glaube hat eine Geschichte.
Mein Glaube wurde von einem echten Mann genährt und gefördert: Reinhold George, für dessen Familie ich nicht nur an Allerheiligen an seinem Grabe bete.
- Fazit
Das katholische Prinzip ist die Fleischwerdung Christi. Und die endet eben nicht mit dem Tod auf Golgatha, sondern findet seine Fortsetzung in einem jeden Christen.
[1] Katechismus der Katholischen Kirche (vatican.va)
[2] Klappe zu, Affe tot – Wiktionary
[4] Natürlich könnte VW Tesla kaufen – aber doch wohl eher umgekehrt, oder?
[5] Auch Papst Franziskus nennt seine Irak-Reise „historisch“ – Vatican News
[6] MAGNIFICAT – Das Stundenbuch (magnificat-das-stundenbuch.de)
[7] Reinhold George RIP – Stgroene (stephanusberolinensis.blog)
[8] Das Glück, Kardinal Meisner zu besuchen, blieb mir verschlossen.
