James Bond: Keine Zeit zu sterben

Im Auftrag Ihrer Majestäten Madleine und Mathilde

Berlin, 11.Oktober 2021

Gestern war endlich der Tag, an welchem ich den endgültig letzten Bond mit Daniel Craig gesehen habe: umwerfend!

Noch bin ich nicht aufgestanden, noch bin ich wie gefesselt.

Vieles hatte ich erwartet, dieses gerade nicht.

Ich bin kein Experte im Bond-Universum, ich kenne nur die insgesamt fünf Filme: ‚Casino Royale‘, ‚Skyfall‘, ‚Ein Quantum Trost‘, ‚Spectre‘ und jetzt ‚Keine Zeit zu sterben.‘. Und natürlich die 007-Klassiker aus meiner Kinderzeit. Ich habe sie nie geliebt, zu unwirklich waren sind.

Aber Daniel Craig? Wow, der spielt den Bond genau für unsere Zeit.

Und er hat sich im allerletzten Film selbst ein Denkmal gesetzt.

All das, was James Bond bisher nur wenig zeigte, entblößt er. Und ist damit härter als alle anderen vier Filme zusammen: unbedingt sehen!

  1. Racheengel aus Leidenschaft

Daniel Craig zeigte bisher schon Gefühle, mehr als alle anderen James Bonds vor ihm, wenn auch verhalten. In diesem Film explodiert er.

Er greift seinem ärgsten Widersacher Blofeld unvermittelt an die Gurgel und würgt ihn fast zu Tode.

Den Tod eines Angreifers beschleunigt er, indem er ein Hindernis beseitigt, so dass das Auto schneller auf ihn fällt.

Und seinen größten Feind, Safin, durchsiebt er eigens mit Kugeln, obwohl er schon im Sterben liegt.

Bisher war das Töten im Affekt ein No-Go: in keinem Film zeigt er bisher Freude daran, jemandem weh zu tun. Alles tut er cool und überlegen. Hier nicht.

Geradezu wild wie ein verwundetes Tier kämpft er ohne Ende, weil Frau und sein Kind im Spiel sind. Genau ab diesem Zeitpunkt dreht der Film.

Niemals schießt er sich so atemlos den Weg frei.

  1. Eine Liebesgeschichte für die Ewigkeit

Kurz vor seinem Tod gesteht er seine Liebe genau der Frau, mit der eigentlich nur eine kurze Bettgeschichte hatte. Mehr hatten sie sich eigentlich nicht zu sagen.

Niemals hätte er geglaubt, dass seine Bettpartnerin ein Opfer eines kriminellen Psychopathen sein könnte. So etwas kannte er nicht. Sein Weltbild war bisher überschaubar Schwarz und Weiß.

Verletzlich und gut, das ging bisher nicht. Entweder stark und gut oder schwächlich und böse. Eine Bettpartnerin war vielleicht das Opfer seines Charmes und seiner Männlichkeit. Oh ja, Daniel Craig ist männlicher als alle anderen 007-Salonlöwen, er stellt sie in den Schatten.

Im Bett liegen mit einer tapferen Frau, die dennoch erpressbar ist? Das passt in die bisherige Lebenswelt nicht hinein. Er grillt sie in seinem Kampfwagen Aston Martin, den er von den Terroristen zusammenschießen lässt, um sie dann an der Garderobe am Bahnhof abzuservieren.

Und dann? Spät entdeckt er, wo sie lebt und dass sie nicht alleine lebt. Sie hat eine Tochter. Die Bettgeschichte hatte Folgen, zunächst nur für sie.

Langsam geht ihm auf, dass diese Frau ihm mindestens ebenbürtig ist: klaglos lässt sie sich fortschicken; ohne zu murren, zieht sie ihre Tochter auf.

Um sie zu schützen, verschweigt sie ihm die Vaterschaft. Ein Vater, der ihrem Kind gefährlich werden könnte, den braucht sie gewiss nicht.

Und sofort lässt sie sich auf ihn wieder ein. Eine größere Liebe kann es nicht geben. Noch versteht er nicht.

Aber er lernt. Normalerweise sind es seine Gegner, die lernen müssen. Jetzt lernt er.

Er lernt, dass er eine echte Löwin an seiner Seite hatte – und es nicht bemerkt hat. Was für eine Frau, diese Madleine Swann: ziemlich hübsch und überraschend stark.

Sie ist ihm ebenbürtig. Die erste Frau im Bond-Universum.

Und es ist eine Liebesgeschichte in wenigen Minuten: nur kurze Zeit sind sie zusammen, unendlich kurze Zeit. Minuten, die eine Ewigkeit sind.

  1. Demut hilft siegen

Um seine Tochter Mathilde zu beschützen, demütigt er sich vor dem Erzschurken Safin. Er begreift, dass dieser Psychopath zu Kurzschlusshandlungen fähig ist, die ihr Ende bedeuten könnte.

Was muss es ihm bedeuten, ihm, der aus jeder ausweglosen Lage irgendwie herauskam, einem Bösewicht scheinbar Recht zu haben – vor den Augen seines eigenen Kindes?

Dieser Bond ist anders. Er beginnt gerade nicht mit einer Bettgeschichte – im Gegenteil sagt ihm die weibliche 007 ins Gesicht, er sei ein Wrack. Und er widerspricht nicht. Er ist loyal, spielt durchaus sein eigenes Spiel, doch seltsam vorhersehbar.

Es ist ein bisschen, als wollte er endlich zum Ende kommen, zum Ende von allem.

  1. Sein Ende

Er stirbt. Langsam an den Nanobots, mit denen er sich infiziert hat. Und dann wohl durch die Raketen, die die Fabrik dieser tödlichen Waffe zerstören werden.

Warum stirbt er?

Im Film ist zusehen, wie er die Augen geradeaus richtig – in Richtung auf die Insel, auf welcher seine Freundin Madleine und seine Tochter in Sicherheit sind.

Und es ist zusehen, wie er den Tod durch die Raketen erwartet.

Es gibt keine herzzerreißende letzte Botschaft, außer diejenige, dass er die Macht des Bösen, das seine Freundin bedroht, zerstört.

Nun sind beide in Sicherheit.

Und er sagt: „Ich liebe dich!“

Wow, was für ein Film!

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