Der beste Spiegel der Welt sind die Zehn Gebote
Berlin, 13.November 2021
Es ist eine ganz eigenartige Entdeckung: um erkennen zu können, was in meinem Nächsten vorgeht, muss ich verstanden haben, wie ich selbst ticke!
Eigentlich höchst banal.
- Nächsten- und Eigenliebe: am Beispiel des Fernlichts beim Autofahren
Wenn es dunkel wird und wir mit einem Auto durch den Wald fahren, muss das Fernlicht[1] eingeschaltet werden: sonst sieht man nichts oder viel zu spät.
Das Fernlicht ist wie Flutlicht in den Bundesligastadien: es leuchtet grell alles aus, was vorhanden ist. Selbst der kleinste Grashalm wird ins Rampenlicht gestellt.
Derjenige, der beleuchtet wird, wird blind: er sieht nichts, weil er geblendet wird – wie eine Taschenlampe in die Augen strahlt.
Das Fernlicht ist also genau besehen nur dann gut, wenn der Autofahrer alleine auf weiter Flur ist: um sich selbst zu schützen – Eigenliebe also.
Manchmal kommt einem auf einsamer Landstraße ein anderes Auto entgegen – ebenfalls mit Fernlicht. Beide Autos blenden sich also.
Manchmal schaltetet der Nächste, der andere Autofahrer also, das Fernlicht nicht aus, weil ich als sein Nächster vergessen habe es auszuschalten.
Hier muss ich mir also klar die Frage selbst stellen: bin ich derjenige, der den anderen dazu provoziert, das Fernlicht anzulassen – weil der andere sich provoziert fühlt?
Es könnte also genau andersherum sein, als wir uns gerade vorstellen: nicht mein Nächster provoziert mich, sondern ich provoziere unabsichtlich meinen Nächsten.
Wenn ich also mein Fernlicht abstelle, kann es gut sein, dass der andere seines ebenfalls abstellt: die gegenseitige Blendung ist damit behoben.
Genau herauszufinden, wer wann wie warum etwas vergessen hat, ist so nicht möglich: die Schuldfrage zustellen ist nicht möglich und sie zu beantworten erst recht nicht.
Das ist ziemlich eigenartig: im zwischenmenschlichen Bereich ist es nicht selten kaum möglich, eine Schuldfrage zu klären.
Das hängt damit zusammen, dass wir die Gedanken des anderen nicht erkennen können: nur seine Handlungsweise sehen wir.
Das Handeln des Nächsten ist allerdings von unserem manchmal abhängig, jedenfalls im Straßenverkehr.
- Self-Fullfilling-Prophecy[2]: wenn Autofahrer sich selbst nicht überprüfen
Fernlicht ist eine prima Sache: alleine für mich selbst. Wer nicht darüber nachdenken möchte, wie der andere mein eigenes Verhalten erleben kann, der ist als Geisterfahrer unterwegs – er träumt davon, ohne Risiken und Nebenwirkungen leben zu können. Das ist praktisch Egoismus reinsten Lichtes.
Und es gilt auch: wer zu schnell eine Schuldfrage stellt, der hat wahrscheinlich ein seelisches Problem und verträgt Selbstkritik nicht.
Es ist ja so: wer mit dem Finger auf den anderen zeigt – auf den zeigen vier Finger zurück. Natürlich ist es gut und sinnvoll, Schwierigkeiten aufzuzeigen. Am besten allerdings ist es, damit bei sich selbst zu beginnen.
Die Schuldfrage beim Fernlicht zu klären, ist nur dann möglich, wenn ich mich an die Regeln halte und mich der selbstkritischen Frage unterziehe: „Halte ich mich an die Regel?“
Wenn ich also das Fernlicht ausgeschaltet habe und der andere nicht, dann weiß ich: ich bin im Recht, der andere nicht.
Wir müssen also Geduld haben, warten, überlegen und uns selbst überprüfen: dann erst kann es klappen mit dem Urteil über den anderen.
Ja, es gibt eine Grauzone, in welcher nicht klar ist: ist der eine oder der andere oder sind gar beide schuld?
Wichtig ist hierbei nur: Hauptsache, es klappt überhaupt, dann nämlich, wenn beide aufeinander achten.
Die erste Regel in der Straßenverkehrsordnung lautet nämlich nicht: „Ich komme schnell an“ oder „Alle kommen schnell an“, sondern: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“[3]
Eigenliebe und Selbstliebe sind aufeinander bezogen und ergänzen sich im besten Fall. Jesus Christus lehrt uns diese wichtige Liebesbeziehung in der ‚Goldenen Regel‘.
- Die Goldene Regel Jesu
Jesus Christus lehrt uns in seiner wunderschönen Bergpredigt: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen!“[4]
Ich will also ein bestimmtes Wohlverhalten – und muss ebenfalls bereit sein, es zu schenken. Ansonsten handele ich ungerecht. Basta.
Wenn ich also ganz normal im Dunkeln auf einer unbeleuchteten Landstraße unterwegs bin und auf der Gegenseite kommt ein anderes Auto vorbei, muss ich mich selbst überprüfen und mich fragen: „Blendet das Fernlicht des anderen mich, weil ich selbst die Regel breche?“
Das ist eine unangenehme Frage. Mehrere wichtige Handlungsweisen sind hier notwendig:
- Es zu ertragen, geblendet zu werden: keine freie Sicht auf das Mittelmeer zu haben und gegebenenfalls schlecht reagieren zu können.
- Die Geduld aufzubringen, statt aggressiv mit Lichthupe zu reagieren: die Fähigkeit, selbstkritisch sich selbst zu hinterfragen.
- Den möglichen eigenen Fehler einzusehen und das Fernlicht in Abblendlicht[5] zu ändern.
- Auf die Antwort des anderen warten.
- Signale mit Lichthupe, wenn der andere das Fernlicht nicht ausschaltet.
Wer diese sachlich richtigen Schritte nicht einhält, handelt objektiv ungerecht. In einer gegebenen Lebenslage muss ich als Partner im Straßenverkehr ausschließen können, dass ich nicht Anlass für ein Ärgernis bin.
Wenn ich das Ärgernis bin, weil ich das Fernlicht nicht ausgeschaltet habe, bin ich automatisch ein Geisterfahrer, der außerhalb der Regeln handelt. Eigentlich ist das schon der Kriegsfall.
- Kriegsähnliche Handlungen: Lichthupe
Die oben genannte sich selbst erfüllende Prophezeiung ist deshalb so gemein, weil sie uns niemals die Warum-Frage erkennen lässt.
Wenn ich also zum Beispiel in einer Gegend unterwegs bin, in welcher die mir entgegenkommenden Autofahrer ständig die Regeln brechen, werde ich stark geneigt sein, die genannten länger andauernden fünf Schritte nicht einzuhalten.
Was mir dann bleibt, ist gleich mit der Lichthupe zu reagieren, also den anderen mit dem Flackern des Fernlichts aufmerksam machen.
Die Wahrheit ist: nur weil das gegenseitige Geblendetwerden mit Fernlicht so gefährlich für beide Autofahrer ist, kommt es wahrscheinlich dazu, dass beide das Fernlicht ausschalten. Es ist letztlich ein Blitzkrieg ohne Sieger.
Schön ist es nicht und macht letztlich aggressiv, wenn man ständig mit Lichthupe Wohlverhalten erzwingt.
- Die Goldene Regel ist vernünftig
Wir sehen: die schöne Lebensregel ist mehr als vernünftig, sie ist weise.
Wer sich an sie hält, fährt im Leben besser, buchstäblich.
Die wichtigste Voraussetzung allerdings ist nicht, dass der Nächste ebenfalls nett ist. Die Goldene Regel hat Ewigkeitswert, denn sie ist in sich selbst richtig. Denn es gilt glasklar: wer das Fernlicht ausschaltet, gefährdet die unfallfreie Fahrt des Nächsten nicht – auch wenn der Nächste mich weiterhin blendet.
Es ist gut, an das Gemeinwohl zu denken und den Nächsten zu lieben. So ist es gut und gerecht, die Nächstenliebe selbst zu erwarten.
Ein wichtiger deutscher Weisheitsspruch bringt es auf den Punkt: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“[6]
- Die Wahrheitswerte-Tabelle[7] des Fernlichtes
Mit der Wahrheit ist es nicht ganz einfach, ihrer muss man inne werden.
- Beide Fahrer A und B wechseln von Fern- auf Abblendlicht. Beide handeln nach der Goldenen Regel und der Straßenverkehrsordnung: A=wahr, B=wahr
- A fährt mit Fernlicht, B mit Abblendlicht: A=falsch, B=wahr
- A fährt mit Abblendlicht, B mit Fernlicht: A=wahr, B=falsch
- A fährt mit Fernlicht, B ebenfalls: A=falsch, B=falsch
Eigenartig dabei ist: nicht der äußere Reiz der Sinne, also die Stärke des Lichtes, Fern- oder Abblendlicht, zeigt mir an, wer im Recht ist oder nicht. Nein, es ist die innere Erkenntnis der Regel und meine eigene Selbstkontrolle: Halte ich mich an die Straßenverkehrsordnung? Und habe ich also das Fernlicht ausgeschaltet?
Zum Beispiel im Fall D kann es ja theoretisch und praktisch sein, dass mein Nächster mir mit seinem Fernlicht zu verstehen gibt, dass ich im Fernlicht fahre… Er tut also ein Unrecht, um sein Recht einzufordern, das ist natürlich widersprüchlich.
Und im Beispiel Fall B und C ist es ebenfalls das Gleiche: derjenige, der korrekt vom Fern- in das Abblendlicht gewechselt hat, kann in das Fernlicht zurückwechseln, um dem Nächsten ein Signal zu geben: „Bitte mal darüber nachdenken, ob du etwas falsch machst!“
Die einzig klare Handlungsweise ist natürlich Fall A: beide handeln richtig – und bestärken sich so im Guten. Ein Hin und Her von Fern- zum Abblendlicht mit seinen Mehrdeutigkeiten ist hier nicht nötig: Gott sei Dank!
- Die Zehn Gebote spiegeln den Wert der gewissenhaften Selbstkontrolle
Paulus schreibt in seinem Hebräerbrief: „Denn lebendig ist das Wort Gottes, wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert[8]; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenken und Mark; es richtet die Regungen und Gedanken des Herzens; vor ihm bleibt kein Geschöpf verborgen, sondern alles liegt nackt und bloß vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft schulden.“[9]
Wir sahen an dem Alltagsbeispiel des Fernlichtes, dass nur die Guten, die die Regeln beachten, alle anderen beurteilen können. Die irrlichternden Geisterfahrer verstehen weder die Regeln noch sich selbst und die anderen erst recht nicht.
So geht also im Leben nur um den Einen, der die Not wendet und uns zum Guten hilft: Gott! Wenn wir fleißig unser Gewissen im Spiegel Gottes, den Zehn Geboten, üben, dann erkennen wir die Wahrheit der guten Regeln unseres Alltags, zum Beispiel in der Straßenverkehrsordnung.
- Die Grenzen der Goldenen Regel
Hier nun kommen wir zu meinen vier Damen vom Friseurgewerbe, einem ehrbaren Handwerk. Eine von vieren, die letzte, hat verstanden, lieb und nett ohne große Berechnung zu sein.
Drei anderen Damen haben letztlich nach einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung gelebt: „Die Männer sind alle Verbrecher!“[10]
Wer selbst lieblos und ohne Treue ist, kann Liebe und Treue nicht erwarten. Punkt.
Und nun kommt ein ziemlich großes Aber, das zu entkräften nicht einfach ist, und der Damenwelt teilweise Recht gibt – Frauen haben ja bekanntlich immer Recht.
Vorausgesetzt also, die Männerwelt wäre so verkommen und treulos als handelte es sich um eine gigantische Räuberbande zur Ausbeutung des schwachen Geschlechtes, dann, ja dann ist die teilweise schlechte Behandlung der Herren der Schöpfung ausgleichende Gerechtigkeit.
Denn Not kennt kein Gebot, gelle!
Wer aber wollte behaupten, dass die armen drei schlechten Friseusen Notleidende einer gigantischen Männerverschwörung sind zur Versklavung des schwachen Geschlechtes – und nicht ihrer eigenen Einbildung?
[1] Fernlicht – Wikipedia (abgerufen am 13.11.2021).
[2] Selbsterfüllende Prophezeiung – Wikipedia (abgerufen am 13.11.2021)
[3] § 1 Grundregeln (stvo.de) (abgerufen am 13.11.2021).
[4] Mt 7,12a.
[5] Abblendlicht – Wikipedia (abgerufen am 13.11.2021).
[6] Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus – Redewendung – [GEOLINO] (abgerufen am 13.11.2021).
[7] Wahrheitswert – Wikipedia (abgerufen am 13.11.2021).
[8] Vgl. Zweischneidiges Schwert – Wikipedia (abgerufen am 13.11.2021).
[9] Hebr 4,12f.
[10] Die Männer sind alle Verbrecher ⋆ Volksliederarchiv (10.000 Lieder) (abgerufen am 13.11.2021).

Ein Gedanke zu “Nächstenliebe III”