Ein Geimpfter mit dem Status ‚ungeimpft‘

Ein Erfahrungsbericht

Berlin, 22.November 2021

Gestern hatte ich eine meiner Erleuchtungen. Als Christgläubiger soll das schon mal vorkommen.

Es war eine Erleuchtung im Sinne der Aufklärung, ich bin also ein illuminati, ein Erleuchteter. Ich las nämlich Zeitung. Nicht mehr das Geschwurbel der FAZ, sondern die Samstagsausgabe der NZZ (siehe Beweisfoto).[1]

Meine Zweitimpfung mit AstraZeneca war am 29.Mai 2021 – und seit dem 29.September 2021 habe ich keinen Impfschutz mehr, sagt die NZZ. Und die wird Recht haben, es werden wissenschaftliche Untersuchungen zitiert.

Meine Booster-Impfung soll am 11.Dezember 2021 sein, also in drei Wochen. Ich dachte, Boostern wäre Luxus für mich. Seit diesem Sonntag, 12 Uhr, also High Noon, weiß ich: Nö, nix Luxus, bittere Not!

Und so ging es mir immer seit März 2020 in der Covid-19-Pandemie mit dieser deutschen Bundesregierung: Hü und Hott, Hott und Hü. Und immer irgendwie dann doch falsch.

  1. Maskerade: Stoffmaske, Face Shield und FFP2

Die Regierung leugnete lange, viel zu lange, die Notwendigkeit des Maskentragens. Natürlich schützt sie mich und den anderen vor Aerosolen. Und natürlich hat sie Nebenwirkungen, weil jede Maske Schimmelsporen, Bakterien und Flüssigkeiten sammelt.

Als Brillenträger war es für mich eine große Herausforderung, die richtige Stoffmaske zu finden, die zur Brille passt und die Ohren nicht zu stark belastet. Eine Wissenschaft für sich. Letztlich unlösbar, jedenfalls für mich.

Froh war ich als ich die teuren Face Shields entdeckte – und leider ebenfalls feststellen musste, dass sie nicht mehr erlaubt waren.[2]

Gefühlt fünfhundert Euro kostete mich die ganze Maskerade mit kleinen Schmankerln wie schön bedruckten Stoffmasken für Christen aus den USA: wow!

  1. Letzte Rettung: Kontaktlinsen

Ja, die Face Shields sehen so unterirdisch hässlich aus und sind nicht ungefährlich, weil sie sperrig sind und man überall hängen bleiben kann, egal, ob geübt oder ungeübt.

Eine beschlagene Brille ist im Öffentlichen Nahverkehr, auf den ich angewiesen bin, allerdings nicht akzeptabel.

Ich hatte Mitte Januar 2021 wieder eine meiner Erleuchtungen nach Aufklärungsart: Kontaktlinsen.[3]

Die lösen das Problem radikal: ich sehe schöner aus (yeahh!) und sehe in die Ferne besser. Leider sind Kontaktlinsen zwar für mich sexy, aber anti-religiös, weil z.B. das Lesen von Gesangbüchern zwecks religiöser Erbauung nur mit meiner eigenen Großdruckausgabe möglich ist, nicht aber mit den in den Kirchen ausgelegten kleineren Ausgaben.

Nun ja, also ein gigantischer Lichtblick (illuminatio), mit kleinem Wermutstropfen.

  1. AstraZeneca I und II

Am 25.März 2021 sollte die Erstimpfung erfolgen. Im Gebäude des ehemaligen Tempelhofer Flughafens, ganz zentral gelegen.

Ich dachte: es geht schnell, weil AstraZeneca nicht das beste Image hatte und niemand den Dreck haben will. Ich dachte: einer muss die Scheiße doch nehmen. Weit gefehlt. Drei Stunden Wartezeit auf der Betonpiste vor dem Hauptgebäude in praller Frühlingssonne. Weil in den Zeitungen vom Tage stand, dass dreihunderttausend Berliner ihre Impftermine nicht wahrnahmen.[4]

Das war an einem Donnerstag. Vier Tage später stand in den Zeitungen, AstraZeneca wäre nichts für unter Sechzigjährige. Mit 55 Jahren bin ich U60.

Damit war die Zweitimpfung in Gefahr. Soviel konnte ich also den Zeitungen entnehmen.

Ich vertraute dem Hausarzt mein Leben und die Zweitimpfung am 29.Mai 2021 an. Und musste lernen, dass der digitalisierte Staat in Gestalt von Doctolib Daten aus lauter Unfähigkeit fälscht. Die Zweitimpfung war für Ende Juni für Tempelhof gebucht. Als ich diese digital stornieren wollte, weil mein Hausarzt mich soeben impfte, las ich zu meinem Erstaunen, dass die Zweitimpfung nicht in Tempelhof, sondern im Erika-Heß-Stadion stattfinden sollte. Und dass die Erstimpfung ebenfalls Ende März im Erika-Heß-Stadion durchgeführt wurde, was eine Lüge ist.

Und der Mann an der staatlichen Hotline, den ich im Mai anrief, hatte keine Ahnung, denn er bestätigte den Impftermin am 17.Juni 2021 in Tempelhof, der dort nie stattgefunden haben würde, weil er im Erika-Heß-Stadion stattfinden sollte.[5]

  1. Ruhe und Ordnung

Seit meiner gewaltigen Desillusionierung durch unsere verschwurbelten staatlichen Organe ist mein Interesse an der Covid-19-Tagespolitik auf unter Null gesunken. So dürfte es vielen gehen.

Solchen unfähigen, nach Lust und Laune gängelnden Staatsorganen kann man nicht vertrauen, sonst ist man wahrlich verloren. Wie verloren, habe ich erst gestern gelernt.

Vor vier Wochen wollte ich meine Booster-Impfung bekommen. Mein Hausarzt meinte: „Nö!“

Der Termin am 11.Dezember 2021 steht seit zwei Wochen, als ich es zum zweiten Mal versuchte: ich will ja gerne gesetzeskonform sein, als guter Staatsbürger durchaus.

Heute wiederum durfte ich der FAZ, deren Abonnement leider erst Ende November ausläuft, entnehmen, dass BionTech gerade schwer zu bekommen ist. Denkbar ist, dass ich Mitte Dezember leer ausgehe, weil Lieferstopp.[6]

  1. Covid-19-Wahnsinn: als offiziell Zweitgeimpfter den Status Ungeimpft haben

Nochmals zusammengefasst: ich bin ein gesetzestreuer Staatsbürger, der ohne jeden äußeren Druck den Auflagen des Staates willig nachkommt.

Und der dennoch in diesen Winter mit leeren Händen gehen wird, weil dieser deutsche Staat Kadavergehorsam verlangt für Leistungen, die nicht einfach billig, sondern vollkommen wertlos sind.

Dieser deutsche Rechtsstaat ist nicht fähig, die Covid-19-Infizierten in der Kontaktnachverfolgung zu kontrollieren, weil die Gesundheitsämter versagen, aber er ist fähig, mir einen Status als ‚Geimpft‘ zu zubilligen, obwohl die Impfwirkung seit dem 29.September 2021 bei Null ist. Meinem wahren Status nach bin ich ein FFP2-Maske-tragender Ungeimpfter, weil der Impfstoff in mir tot ist.

Das alles ist nicht der helle Wahnsinn, sondern nur der Umgang unseres Rechtsstaates mit seinen gesetzeskonformen Bürgern.

Es tut wirklich weh, ein pflichtgetreuer Bürger zu sein, denn als ein solcher wird man gegängelt ohne Ende – und vor allen Dingen ohne Sinn und Verstand.

  1. Revolutionäre Situation

Ein Staat, der seine Autorität selbst bei seinen treuesten Anhängern verspielt, hat keine Daseinsberechtigung.

Als ehemaliger Kommunist fällt mir dazu nur die klassische Definition einer revolutionären Situation ein, wie sie der Bolschewik Lenin formulierte: „‘Die Unmöglichkeit für die herrschenden Klassen, ihre Herrschaft in unveränderter Form aufrechtzuerhalten; diese oder jene Krise der ‚Spitzen‘, Krise der Politik der herrschenden Klasse, die einen Riß erzeugt, durch den die Unzufriedenheit und Empörung der unterdrückten Klassen hervorbricht.‘“[7]

[1] Wieder Lockdowns in Österreich: Droht das auch in der Schweiz? (nzz.ch) (abgerufen am 22.11.2021)

[2] Wie ich zum Corona-Vollhonk wurde – Stephanus Berolinensis (abgerufen 22.11.2021).

[3] Beschlagene Brillen ausbremsen – mit Kontaktlinsen – Stephanus Berolinensis (abgerufen am 22.11.2021).

[4] AstraZeneca: 24 Stunden später – Stephanus Berolinensis (abgerufen am 22.11.2021).

[5] AstraZeneca II – Stephanus Berolinensis (abgerufen am 22.11.2021).

[6] Länder und Ärzte gegen Rationierung des BioNTech-Impfstoffs (faz.net) (abgerufen am 22.11.2021).

[7] Revolutionäre Situation – Wikipedia (abgerufen am 22.11.2021).

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