Gottesbeweis IV

Abraham: Prophetie auf Jesus

Berlin, 14.April 2022

  1. Biographische Daten

Erzvater Abraham[1] wurde nach jüdischer Zeitrechnung 1996[2] vor Christus in Ur[3] in Chaldäa geboren. Er kam also aus Mesopotamien[4], dem Zweistromland.

Das Zweistromland hat seinen Namen von Euphrat und Tigris: das sind zwei der vier Flüsse, die den Garten Eden bewässerten. Adam und Eva sind dort von Gott geschaffen worden.

Abraham ist also ein klassischer Heide, der alleine durch seine Beschneidung zum Erzvater des Judentums wurde.[5]

Im 5.Mose heißt es von den Juden, seinen Nachfahren: „Mein Vater war ein heimatloser Aramäer. Er zog nach Ägypten, lebte dort als Fremder mit wenigen Leuten und wurde dort zu einem großen, mächtigen und zahlreichen Volk.“ (Dtn 26,5b) Aus der Beschreibung des Moses geht hervor: lange nach seinem Tode erfüllte sich die Verheißung Gottes an Abraham, ein großes Volk zu werden.

Zu seinen Lebzeiten war Abraham heimatlos und ein Fremder, überall, wo er wohnte.

Er wanderte als Aramäer aus und wohnte in Ägypten. Und er musste die Vertreibung seines Neffen Lot[6] aus Sodom miterleben.

Dabei ist es erwähnenswert, dass die Aramäer[7] und Ägypter[8] Todfeinde Israels waren, was sich in verheerenden Kriegen ausdrückte.

  1. Abrahambund

Gott spricht zum Erzvater Abraham: „Sieh doch zum Himmel hinauf und zähl die Sterne, wenn du sie zählen kannst! Und er sprach zu ihm: So zahlreich werden deine Nachkommen sein. Und er glaubte dem HERRN und das rechnete er ihm als Gerechtigkeit an. Er sprach zu ihm: Ich bin der HERR, der dich aus Ur in Chaldäa herausgeführt hat, um dir dieses Land zu eigen zu geben.[…] Deine Nachkommen werden als Fremde in einem Land wohnen, das ihnen nicht gehört. Sie werden dort als Sklaven dienen und man wird sie vierhundert Jahre lang unterdrücken. Aber auch über das Volk, dem sie als Sklaven dienen, werde ich Gericht halten und nachher werden sie mit reicher Habe ausziehen. Du aber wirst in Frieden zu deinen Vätern heimgehen; im glücklichen Alter wirst du begraben werden. Erst die vierte Generation wird hierher zurückkehren“ (Gen 15,5+13-15a)

Gott spricht also prophetische Worte zu Abraham. ER teilt ihm die Volkwerdung in Ägypten mit und den Auszug in das verheißene Land Israel.

  1. Jesus und Abraham

Jesus nimmt vielfältigen Bezug auf unseren Erzvater Abraham, vielmehr als auf Moses. Zwar kommt das Wort ‚Moses‘ mit 80 Belegstellen häufiger vor als Abraham mit 73. An Moses ist weniger seine geschichtliche Gestalt von Interesse[9] als mehr die Tatsache des Gesetzes Gottes, das an ihn überliefert wurde und deshalb seine Namen trägt.[10]

Im Johannesevangelium spricht ER zu den Juden: „Noch ehe Abraham wurde, bin ich.“[11] Im griechischen Urtext heißt es: πρὶν Ἀβραὰμ γενέσθαι ἐγὼ εἰμί.

Damit ist alles gesagt: der Sohn des Einen lebte vor demjenigen, der nach ihm kam und aus dessen Samen er dennoch kam.

Das Matthäusevangelium beginnt mit der Feststellung, dass Jesus Christus ein Sohn Abrahams ist.[12] Und drei Kapitel weiter bekennt Johannes der Täufer im Stile einer Bußpredigt: „und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen dem Abraham Kinder erwecken.“[13]

Im Griechischen steht hier: καὶ μὴ δόξητε λέγειν ἐν ἑαυτοῖς· πατέρα ἔχομεν τὸν Ἀβραάμ. λέγω γὰρ ὑμῖν ὅτι δύναται ὁ θεὸς ἐκ τῶν λίθων τούτων ἐγεῖραι τέκνα τῷ Ἀβραάμ.  .

Das Wort für Stein (  λίθων ) begegnet uns in zweifacher Weise später in zwei markanten Drohworten wieder.

Einmal heißt es beim Einzug in Jerusalem: „Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.“[14]

Im Griechischen steht dort:  λέγω ὑμῖν, ἐὰν οὗτοι σιωπήσουσιν, οἱ λίθοι κράξουσιν.

Und dann geht es um den berühmten Eckstein, den die Bauleute verworfen haben: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden“[15].

Im Griechischen lautet es: λίθον ὃν ἀπεδοκίμασαν οἱ οἰκοδομοῦντες,

οὗτος ἐγενήθη εἰς κεφαλὴν γωνίας .

Die Stein-Metaphorik ist überdeutlich: Gott kann einen unbeschnittenen Heiden aus Ur in Chaldäa führen, um ihn zum Erzvater eines großen Volkes zu machen, den Israeliten.

Und Gott kann einen Sohn Abrahams, Jesus Christus, zu einem größeren Volk machen, wenn ER zum Stein geworden ist, „den die Bauleute verworfen haben“.

Es reizte die damaligen Juden bis auf das Blut daran erinnert zu werden, dass es Gott ist, der beruft und Gott ist, der verwirft.

  1. Die Zerstörung Jerusalems

Jesus hat im Gleichnis ‚Von den Winzern‘ den eben erwähnten verworfenen Eckstein auf sich selbst gedeutet und prophetisch die Zerstörung Jerusalems vorhergesagt: „Als die Winzer den Sohn sahen, überlegten sie und sagten zueinander: Das ist der Erbe; wir wollen ihn umbringen, damit das Erbe uns gehört. Und sie warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um. Was wird nun der Herr des Weinbergs mit ihnen tun? Er wird kommen und diese Winzer vernichten und den Weinberg anderen geben.“[16]

Ja, Jesus prophezeit, dass vom Jerusalemer Tempel kein Stein mehr auf dem anderen bleiben wird: sie „werden keinen Stein in dir auf dem andern lassen“ (Lk 19,44b).

Im Griechischen heißt dies: καὶ οὐκ ἀφήσουσιν λίθον ἐπὶ λίθον ἐν σοί   .

  1. Abraham und Jesus

Die Radikalität mit welcher Jesus den damaligen Juden vor Augen führt, woher ihre Wurzeln stammen, nämlich von einem unbeschnittenen Chaldäer, einem Heiden also, ist atemberaubend provokativ.

Und noch atemberaubender ist, wenn wir uns vor Augen führen, dass Jesus Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, nichts weniger vorhersagt, als die Zertrümmerung nicht nur des israelischen Staatwesens, das de facto schon durch die Römer nicht mehr bestand.

Nein, noch erstaunlicher ist die Prophetie der Zerstörung des Jerusalemer Tempelkultes: es wird buchstäblich kein Stein auf dem anderen bleiben.

Und damit wiederum bleibt nichts vom Mosaischen Gesetz über die Versöhnung Gottes mit den Menschen übrig.

Die Zeit der Steine, des Jerusalemer Tempel, ist vorbei, es kommt wiederum die Zeit der Zelte, derjenigen des wandernden Gottesvolkes auf der Pilgerschaft zu Gott – wie Abraham.

[1] Abraham – Wikipedia (abgerufen am 13.4.22).

[2] Abraham – Ökumenisches Heiligenlexikon (abgerufen am 13.4.22).

[3] Ur (Stadt) – Wikipedia (abgerufen am 13.4.22).

[4] Mesopotamien – Wikipedia (abgerufen am 13.4.22).

[5] Brit Mila – Wikipedia (abgerufen am 13.4.22).

[6] Lot (Bibel und Koran) – Wikipedia (abgerufen am 13.4.22).

[7] Aram (Land) – Wikipedia (abgerufen am 13.4.22).

[8] Ägypten – Wikipedia (abgerufen am 13.4.22).

[9] Einzig die Verklärung Jesu in Mt 17,3 ist zu nennen, in der Moses ( Μωϋσῆς  ) und Elia dabei sind – und das großartige Zeugnis des Moses im Hebräerbrief (11,23-29).

[10] Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet :: bibelwissenschaft.de (abgerufen am 13.4.22).

[11] Joh 8,58b.

[12] Mt 1,1.

[13] Mt 3,9.

[14] Lk, 19,40b.

[15] Lk 20,17b.

[16] Lk 20,13-16a.

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