Gottesbeweis VII

Die Weisheit Gottes – warum der Materialismus nicht möglich ist

Berlin, 20.April 2022

  1. Für den Materialismus ist Gott eine Illusion

Der Materialismus behauptet, Gott wäre ein Hirngespinst des Wunschdenkens.

Ludwig Feuerbach, auf den sich Karl Marx in seinen gleichnamigen Thesen[1] beruft, schreibt: „Die Religion ist der Traum des menschlichen Geistes.“[2]

Genau in die gleiche Kerbe schlägt der große Tiefenpsychologe Sigmund Freud. Die christlichen Lehrsätze „sind nicht Niederschläge der Erfahrung oder Endresultate des Denkens, es sind Illusionen, Erfüllungen der ältesten, stärksten dringendsten Wünsche der Menschheit; das Geheimnis ihrer Stärke ist die Stärke dieser Wünsche.“[3]

  1. Worte predigen statt Wunder wirken oder Weisheit drechseln

Paulus schreibt in seinem ersten Brief an die Korinther: „Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft. […] Denn da die Welt angesichts der Weisheit Gottes auf dem Weg ihrer Weisheit Gott nicht erkannte, beschloss Gott, alle, die glauben, durch die Torheit der Verkündigung zu retten. Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkünden Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ (I Kor 1,18. 21-24)

Gott will also in Jesus Christus retten – „durch die Torheit der Verkündigung“ ( διὰ τῆς μωρίας τοῦ κηρύγματος ).

Gott geht in Jesus Christus nicht den jüdischen Weg, sich mit Machttaten zu erweisen (σημεῖα αἰτοῦσιν).

Und Gott geht in Jesus Christus nicht den griechischen Weg, sich mit Weisheit zu beweisen (σοφίαν ζητοῦσιν).

Nein, der gekreuzigte Christus ist „für die Berufenen“ (αὐτοῖς δὲ τοῖς κλητοῖς). Es muss eine Berufung zum Glauben geben.

Gott zeigt sich also individuell in jedem Einzelnen selbst: nicht die Masse, die Wunder staunend zur Kenntnis nimmt, erfährt Gott.

Und nicht die Masse, die Weisheitslehre studieren darf, findet zu Gott. Nein, es ist die Torheit von gepredigten Worten, „das Wort vom Kreuz“ ( Ὁ λόγος γὰρ ὁ τοῦ σταυροῦ  ).

  1. Der Inhalt des Kreuzeswortes

Der Inhalt des Kreuzeswortes lautet so einfach wie das Evangelium.

Jesus Christus ist am Kreuz geopfert worden „als unser Paschalamm“ (I Kor 5,7b: τὸ πάσχα ἡμῶν ); in dem Blut Jesu sind die Christen „reingewaschen“ (I Kor 6,11b) – rein gewaschen von der Sünde durch die Taufe!

Wer nicht reingewaschen ist, der muss sich fragen lassen: „Wisst ihr denn nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden?“ (I Kor 6,9a)

Die Predigt vom Kreuz schenkt also die Weisheit Gottes, weil sie uns Sünder über uns selbst belehrt.

Wir denken nur an uns selbst, nicht an Gott und seine Gebote. Weil dies so ist, sündigen wir. Der Heilsweg in Christus ist also unbedingt ein innerer Weg, kein äußerer.

Wir müssen uns durch das „Wort vom Kreuz“ innerlich überführen lassen, um unsere eigene Sünde zu verstehen.

Jesus ist ja gerade auf Golgatha rein äußerlich zunichte gemacht worden. Zwar ist ER auferstanden, aber nicht, um in einem Schauwunder zu beeindrucken, sondern weil Sein Vater im Himmel Sein Kreuzesopfer annahm.

Machttaten und Weisheit helfen uns hier gar nicht, sondern allein die innere Umkehr. Wir sollen also nicht nach Gottes Machttaten und Weisheit Ausschau halten, sondern uns bekehren: nicht äußerlich immer mehr zu Gott, sondern die Sünde auskehren.

Es ist etwas in uns, was nicht gut ist: die Sünde, die uns von Gott trennt.

  1. Die Sünde schließt vom Reich Gottes aus

Paulus warnt vor der Sünde, die darin besteht, den Willen Gottes nicht zu tun. Er warnt die Korinther mit deutlichen Worten: „Täuscht euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Lustknaben, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habgierige, keine Trinker, keine Lästerer, keine Räuber werden das Reich Gottes erben.“ (I Kor 6,9b-10).

Es nützen also weder den Juden noch den Griechen sowohl Machttaten als auch Weisheit, wenn sie nicht auf den Anruf Gottes im „Wort vom Kreuz“ hören.

Nicht Äußeres rettet, sondern die Umkehr zu Gott durch die Abkehr von der Sünde.

  1. Die guten Früchte in Christus

Mit Gott ist also gerade kein Staat zu machen, denn das schon genannte „Reich Gottes“ (βασιλείαν θεοῦ) ist rein inwendig und zeigt sich allein durch die guten Taten, die in Liebe gewirkt sind, wie es Paulus im Galaterbrief so schön auf den Punkt bringt: „Denn in Christus Jesus vermag weder die Beschneidung noch die Unbeschnittenheit etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe wirkt.“ (Gal 5,6: ἐν γὰρ Χριστῷ Ἰησοῦ οὔτε περιτομή τι ἰσχύει οὔτε ἀκροβυστία ἀλλὰ πίστις δι’ ἀγάπης ἐνεργουμένη. )

Auf Latein heißen die bekannten Worte an die Christen Galatiens: fides caritate formata – Glaube, der durch die Liebe Gestalt gewinnt, denn ohne die Liebe, so lehrt uns Paulus im genannten Brief an die Korinther, „wäre ich nichts.“ (I Kor 13,2c: οὐθέν εἰμι )

Wir Christen müssen sozusagen Gott beweisen, dass wir Seines Sohnes würdig sind: Gott dreht also die Beweislast einfach um, denn wer nicht umkehrt und Buße tut, der verwirft ja „das Wort vom Kreuz“.

Und einen Weisen ( σοφός ) braucht es, wenn es nämlich um die Unterscheidung von gerechtem Verteilen zwischen Christ und Christ geht: „Ich sage das, damit ihr euch schämt. Gibt es denn unter euch wirklich keinen, der über die Weisheit verfügt, zwischen Brüdern zu entscheiden?“ (I Kor 6,5b)

Denn die Christen werden einmal die Engel richten (vgl. I Kor 6,3).

  1. Die schlechten Früchte

Weil die Macht der Sünde, wie im Korintherbrief gesehen, weiterhin vorhanden ist, können die Christen niemals wissen, wer in ihnen Sieger bleibt: Satan oder Christus.

Denn das Reich Gottes gehört nicht ihnen, sondern Gott, dessen Willen sie erfüllen sollen: „Wisst ihr denn nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Täuscht euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Lustknaben, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habgierige, keine Trinker, keine Lästerer, keine Räuber werden das Reich Gottes erben.“ (I Kor 6,9f)

Wer also von Christus in der Taufe reingewaschen wurde, ist noch nicht derjenige, der einmal mit Christus weise ist und über die Engel richten wird.

Nein, wer nicht den Willen Gottes erfüllt, der bezeugt, ein Nicht-Weiser zu sein.

Paulus mahnt die Korinther, weise zu werden vor Gott: „Keiner täusche sich selbst. Wenn einer unter euch meint, er sei weise in dieser Welt, dann werde er töricht, um weise zu werden. Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gott. In der Schrift steht nämlich: Er fängt die Weisen in ihrer eigenen List.“ (I Kor 3,18f)

Denn die Weisheit der Welt ( σοφία τοῦ κόσμου ) ist reine Selbstliebe, die an Gott nicht mehr denkt und Gottes Willen nicht mehr tun möchte.

Die Weisheit der Welt ist deshalb Sünde und Torheit vor Gott.

  1. Das Wort vom Kreuz ist die doppelte Verborgenheit Gottes

Zum einen verbirgt sich Gott, weil Er die Umkehr und Buße des Sünders will; Er erweist sich gerade darum nicht, weil Seine Weisheit ganz anders geartet ist, denn Sie ist Liebe. Er zeigt sich nur in den guten Früchten der Christen, nicht vorher.

Zum anderen verbirgt sich Gott, weil Er nicht bei denen bleiben wird, die den Willen Gottes nicht erfüllen wollen. Trotz eventuell guter Werke kann das Endurteil im Gericht Gottes negativ sein. Wir haben Gott nicht in der Gnade Christi, sondern haben den Willen Gottes zur Aufgabe.

  1. Fazit

Der Materialismus, der Gott als reines Hirngespinst des Menschen erklären will, ist durch die Verborgenheit Gottes selbst ad absurdum geführt.

Zum einen ist es Gott, der die Christen erwählt, Sein „Wort vom Kreuz“ anzunehmen, um Buße zu tun und umzukehren.

Zum anderen ist es Gott, der die erwählten Christen am Ende der Zeit richten wird, ob sie den Willen Gottes erfühlt und gute Früchte gebracht haben; andernfalls droht ihnen die ewige Verdammnis.

[1] Thesen über Feuerbach, MEW 3, 5-7.

[2] Ludwig Feuerbach, Das Wesen des Christentums, Köln 2014, 32.

[3] Sigmund Freud, Die Zukunft einer Illusion (1927), in: Massenpsychologie und Ich-Analyse / Die Zukunft einer Illusion, 107-158, Frankfurt/M. 10.Aufl. 2015, 133.

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