Das Gute

Wahrheit und Moral

Berlin, 4.Juli 2022

Gehen wir von dem Satz des Aristoteles aus: Liebende „wollen uns Gutes tun“[1].

  1. Was ist Gutes?

Wahrscheinlich gehört zur Menge des Guten all das, was die berechtigten Bedürfnisse des geliebten Menschen befriedigt: Lebensmittel, Kleidung, Behausung etc.

Und die Goldene Regel Jesu sagt uns, was genau das Gute ist: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun“(Mt 7,12a).

Wir brauchen also keine großen Theorien über das Gute an und für sich. Es reicht unser Alltagswissen.

Wer also Gutes tut, was von sich selbst, was das Gute für ihn selbst ist.

Das principium individuations[2] ist also einfach dasjenige, wonach jeder Mensch eine Menge an Gutem aufzählen kann, von dem er meint, es sei gut.

Dazu braucht er gerade nicht eine Diskussion mit anderen Menschen, sondern es reicht jedem Menschen die unmittelbare Anschauung dessen, was für ihn gut ist.

  1. Gute tun Gutes: eine Tautologie

Das Eigenartige ist dabei, dass wir sicher genauestens beschreiben können, was Gutes für Menschen ist, aber wir können nicht verstehen, warum es gut ist.

Wir können also nur verstehen, welche Eigenschaften ‚Gutes‘ für uns hat, aber warum der Mensch genau dieses Gute braucht und nicht etwas ganz anderes Gutes, wissen wir nicht.

Ein Beispiel: Wir Menschen brauchen ein Gemisch aus Sauerstoff und anderen Gasen, Luft genannt, zum Atmen, aber kein Helium.

Wir können Pizza essen, aber keine Steine.

Wir können also sagen: Das Gute für den Menschen ist gut, weil jeder Mensch intuitiv weiß, was gut für ihn ist; das ist eine Tautologie[3].

Wir können also genauestens beschreiben, was für den Menschen gut ist; warum es aber gut ist, wissen wir nicht.

Das Geheimnis des Menschen, warum er so ist, wie er ist, wissen wir nicht. Das klingt ziemlich banal.

Wir bewegen uns also in einem Zirkel, in welchem wir einem Begriff Eigenschaften, haecceitas[4], zuweisen können, aber keine echten Gründe zu nennen vermögen: quidditas[5].

  1. Wahrheit und Moral

So gesehen fällt beides zusammen: das Erkennen des Guten und das Tun des Guten. Wir tun das Gute, weil wir selbst wissen, was gut für uns ist.

Und wir müssen nicht begründen, was Gutes ist, denn das können wir nicht. Sondern umgekehrt müssen wir begründen, warum wir das Gute nicht tun können.

Das ist das Eigenartige daran: Gutes zu tun ist menschlich gesehen selbstverständlich. Das Umgekehrte, das Schlechte zu tun, braucht eine Begründung.

Die Wahrheit also zu erkennen, erheischt sie zu tun. Alles andere ist unmoralisch.

  1. Das Geheimnis des Guten: unmittelbare Anschauung

Ganz anders als wir erwarten, ist ‚das Gute‘ mitnichten ein rein ontologischer Begriff, sondern tief im Menschen als „‘unmittelbare Anschauung‘“[6] (Intuition) verankert.

Wir müssen also nicht mit dem Verstand ergründen, warum wir Gutes brauchen, sondern nur um was es sich handelt: so wie ein Fisch herumzappelt, wenn er an Land Luft atmen soll und genau weiß, dass hier etwas verkehrt läuft.

  1. Wahrheit und Moral

Das Tun des Guten ist gut: Wahrheit und Moral fallen in eins.

[1] Aristoteles, Rhetorik II,4,14; zitiert nach reclam UB 19397, 169.

[2] Individuationsprinzip – Wikipedia (abgerufen am 4.7.22).

[3] Tautologie (Logik) – Wikipedia (abgerufen am 2.7.22).

[4] Haecceitas – Wikipedia (abgerufen am 2.7.22).

[5] Quidditas – Wikipedia (abgerufen am 2.7.22).

[6] Intuition – Wikipedia (abgerufen am 4.7.22).

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