Einige Klarstellungen
Berlin, 22.Oktober 2022
Der Papst wird nicht umsonst mit dem Ehrennamen Pontifex Maximus genannt: oberster Brückenbauer. Dabei bezieht er eine Position zwischen den verschiedenen Parteien und will eine Brücke des Friedens bauen.
- Ist Franziskus pro Putin?
Es gab die Meldungen über das „Bellen der Nato vor den Toren Rußlands“: Der Heilige Vater stellte klar, dass dies die Meinung eines anderen gewesen sei, eine Vermutung, aber nicht seine.[1]
Franziskus sagte: „Ein paar Monate vor Kriegsbeginn traf ich einen Staatschef, einen weisen Mann, der sehr wenig spricht, aber sehr weise ist. Und nachdem er über die Dinge gesprochen hatte, über die er sprechen wollte, sagte er mir, dass er sehr besorgt über die Entwicklung der NATO sei. Ich fragte ihn, warum, und er sagte: ‚Sie bellen vor den Toren Russlands und sie verstehen nicht, dass die Russen imperial sind und keiner fremden Macht erlauben, sich ihnen zu nähern‘. Er schloss mit den Worten: ‚Die Situation könnte zu einem Krieg führen‘. Dies war seine Meinung. Am 24. Februar begann der Krieg. Dieses Staatsoberhaupt war in der Lage, die Vorzeichen dessen zu erkennen, was sich dann ereignen sollte.“[2]
Und antwortet auf die Frage, ob er nun Pro Putin sei: „Aber Sie sind doch pro Putin! Nein, das bin ich nicht. So etwas zu sagen, wäre vereinfachend und falsch. Ich bin einfach dagegen, die Komplexität auf die Unterscheidung zwischen Guten und Bösen zu reduzieren, ohne über die Wurzeln und Interessen nachzudenken, die sehr komplex sind. Während wir die Grausamkeit der russischen Truppen sehen, dürfen wir die Probleme nicht vergessen, um zu versuchen, sie zu lösen.“[3]
- Die Ukrainer sind Helden
Der Heilige Vater denkt, was alle Europäer denken: „Es ist, als ob die Geschichte die Ukraine dazu prädisponiert hätte, ein heroisches Land zu sein. Dieses Heldentum zu sehen, berührt unsere Herzen. Ein Heldentum, das mit Zärtlichkeit Hand in Hand geht! Als die ersten jungen russischen Soldaten eintrafen – später schickten sie Söldner -, die zu einer ‚militärischen Operation‘ geschickt wurden, wie sie sagten, ohne zu wissen, dass sie in den Krieg ziehen würden, waren es die ukrainischen Frauen selbst, die sich um sie kümmerten, als sie sich ergaben. Große Menschlichkeit, große Zärtlichkeit. Mutige Frauen. Tapfere Menschen. Ein Volk, das keine Angst vor dem Kampf hat. Ein Volk, das fleißig ist und gleichzeitig stolz auf sein Land. Wir sollten uns die ukrainische Identität in dieser Zeit vor Augen halten. Das ist es, was uns bewegt: solches Heldentum zu sehen. Ich möchte diesen Punkt wirklich hervorheben: das Heldentum des ukrainischen Volkes.“[4]
- Kritik an Patriarch Kirill
Franziskus sagt: „Bruder, wir sind keine Staatskleriker, wir sind Hirten des Volkes“[5].
- Appelle an Putin, Selenski und die Weltgemeinschaft
Unmittelbar an Putin richtet Franziskus den Wunsch: „Mein Appell richtet sich in erster Linie an den Präsidenten der Russischen Föderation, den ich bitte, diese Spirale von Gewalt und Tod zu stoppen, auch zum Wohl seines Volkes.“[6]
Und an ukrainischen Präsidenten gerichtet: „Andererseits appelliere ich, in Betroffenheit über das unermessliche Leid des ukrainischen Volkes infolge der Aggression, die es erlitten hat, ebenso zuversichtlich an den Präsidenten der Ukraine, für ernsthafte Friedensvorschläge offen zu sein.“[7]
Dabei soll die Weltgemeinschaft nicht nur auf Waffenlieferungen setzen. „Die politischen Führer der Nationen und alle übrigen Akteure der Weltpolitik rief der Papst dazu auf, ‚alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um den anhaltenden Krieg zu beenden, ohne sich in gefährliche Eskalationen hineinziehen zu lassen‘. Dazu sollten auch bisher ungenutzte diplomatische Mittel zum Einsatz kommen. ‚Bitte lassen Sie die jungen Generationen die gesunde Luft des Friedens atmen, nicht die verschmutzte Luft des Krieges, die Wahnsinn ist!‘, so der Appell des Papstes.“[8]
- Ächtung der Atomwaffen
Der vatikanische Außenbeauftragte stellt die Position der katholischen Kirche zu den Atomwaffen wie folgt dar: „Gallagher ging in seiner Rede auch auf den Ukraine-Krieg ein und dankte der IAEA im Namen des Heiligen Stuhls für ihre ‚unermüdlichen Bemühungen, die Sicherheit der Nuklearanlagen in der Ukraine zu gewährleisten und das zu verhindern, was Papst Franziskus kürzlich als ,nukleare Katastrophe‘ bezeichnet hat‘.
Papst Franziskus hat wiederholt vor dem Einsatz von Atomwaffen gewarnt – nicht nur, aber auch mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Gallagher bekräftigte bei seiner Rede in Wien daher erneut, was das Kirchenoberhaupt bereits mehrfach sagte: ‚Massenvernichtungswaffen, insbesondere Atomwaffen, schaffen nichts als ein falsches Gefühl von Sicherheit. Sie können nicht die Grundlage für eine friedliche Koexistenz zwischen den Mitgliedern der Menschheitsfamilie bilden, die vielmehr von einer Ethik der Solidarität getragen sein muss‘.“[9]
- Fazit
Die Position des Vatikans ist vernünftig und gut nachvollziehbar.
[1] Papst erläutert umstrittenes Zitat zu NATO und Russland – DOMRADIO.DE (abgerufen am 22.10.22).
[2] Papst Franziskus im Gespräch mit den europäischen Kulturzeitschriften der Jesuiten (herder.de) (abgerufen am 22.10.22).
[3] Ebd.
[4] Ebd.
[5] Ebd.
[6] Franziskus ruft Putin zur Beendigung des Krieges auf – Vatican News (abgerufen am 22.10.22).
[7] Ebd.
[8] Ebd.
[9] Vatikan: Welt ohne Atomwaffen nötig und möglich – Vatican News (abgerufen am 22.10.22).
