Made in Germany?

Personalausweis, Streichhölzer, Postboten, Pressefreiheit und Heizung

                                                                                                                 Berlin, 17.Dezember 2022

Irgendetwas läuft schief. Ziemlich schief. Das denken sich wahrscheinlich viele Menschen in Deutschland.

Da sind „Menschen, die schon länger hier leben“[1], wie eine Bundeskanzlerin deutsche Staatsbürger bezeichnete. Und da sind solche, „die neu hinzugekommen sind“[2].

 

Diese Bundeskanzlerin hat die Sprechweise von „Für ein Deutschland, indem wir gut und gerne leben“[3] geprägt: FEDIWGUGL. Und genauso fühle ich mich: nicht wie ein Deutscher, sondern wie ein FEDIWGUGL-Zombie.

 

 

  1. Mein Personalausweis

Es war im Frühherbst 2015. Anfang 2016 sollte mein Personalausweis ablaufen. Da viele Hunderttausende von Menschen „neu hinzugekommen“ waren, dachte ich mir: „Mensch Stephan, der Staat ist überlastet, die vielen Menschen zu registrieren; beantrage rechtzeitig deinen amtlichen Nachweis, dass es dich gibt.“

 

Da die staatlichen Organe tatsächlich überfordert waren, musste ich als im Berliner Südwesten Ansässiger in den hohen Norden reisen, nämlich in das Märkische Viertel.

Ohne jede Ausschilderung fand ich ganz umständlich im November 2015 beim ersten Bodenfrost die Amtsstube, die meinen Personalausweis bereithielt.

 

In Deutschland ist es eine der wenigen staatsbürgerlichen Pflichten, einen Personalausweis zu haben; bis zu 3.000 Strafe kann es kosten, keinen zu haben.[4]

 

Tja, der Aufwand war nicht gering. Und eine Gebühr hat es mich ebenfalls gekostet. Und dann die Bilder von den so genannten Bahnhofsklatschern, also denjenigen, die es gut finden, wenn sich ganz viele Menschen in Deutschland aufhalten, deren Identität nicht zweifelsfrei feststeht, diejenigen also, die „neu hinzugekommen sind“.

 

Im eigenen Land, treu und brav seine Steuern zahlend, staatlich registriert und mit eigenem Geld einen Identitätsausweis bezahlend – und doch Bürger zweiter Klasse zu sein, das ist irgendwie irre: FEDIWGUGL.

 

 

  1. Streichhölzer

Wer kennt sie nicht, die ‚Welt-Hölzer‘, die es in jedem Supermarkt zu kaufen gibt und dann den Namen von ‚Penny‘, ‚Rewe‘ oder ‚Lidl‘ tragen.

Kleine Holzspänne mit etwas Phosphor auf der Kuppe oben: auf einer porösen Oberfläche werden sie gerieben und entzünden sich dann, sicher.

 

Nun ja, sicher, das war einmal. In den letzten Jahren splitterten die kleinen Hölzer einfach oder es brach die Kuppe beim Reiben ab oder beides.

 

Nicht selten brach die Kuppe nach dem Entzünden, so dass es gefährlich wurde: eine brennende Phosphorkuppe tut nicht nur auf der Haut weh, sondern verursacht Brandflecken.

 

Am Unangenehmsten war das Zerplatzen der Kuppe beim Entzünden, wenn Teile der Kuppe überall hinsprangen, auch ins Gesicht. Als Brillenträger war das nie so schlimm, weil die Augen geschützt waren. Aber eine Selbstverletzung und vor allen Dingen Brandgefahr durch eine alltägliche Handlung?

 

Ich weiß nicht, wo die ‚Welt‘-Streichhölzer gefertigt werden. Und ich weiß nicht, wie sich diese Barbarei durch Qualitätskontrollen mogelt. Und noch weniger weiß ich, was die Arbeiter an den Maschinen denken, die solchen Schrott zu verantworten haben.

 

 

Ich weiß, dass es in früheren Zeiten einen Aufschrei geben hätte. Wohl auch, weil wir vor vielen Jahrzehnten noch Kinder hatten, für die diese Sauerei ein wirklich ernsthaftes Problem ist.

In einem Land zu leben, das noch nicht einmal Streichhölzer produzieren kann, ist irgendwie FEDIWGUGL.

 

 

  1. Pressefreiheit: wenn der VW-Vorstandsvorsitzende Chefredakteur ist

Im März 2019 stieg die Heuschrecke KKR in der Zeitungsgruppe ‚Welt‘ des Springerkonzerns ein, zu dem das ehemalige Flaggschiff ‚Die Welt‘ gehört.

 

Anfang Mai 2019 geschah dann ein Skandal, für den der Bundespresserat immerhin eine „Missbilligung“ aussprach, die drittmildeste Form der Rüge, die noch nicht einmal in der entsprechenden Zeitung gedruckt werden musste.

 

Was war geschehen? Der VW-Vorstandsvorsitzende war nicht nur Chefredakteur für einen Tag (7.Mai 2019), sondern durfte in einem Interview[5] ausgiebig seine Meinung verbreiten und das Ganze intensiv mit mehreren zweitseitigen und einseitigen Anzeigen bezahlen.

 

Noch vor drei Jahrzehnten hätten alle Zeitungen das als Skandal gesehen und entsprechend verurteilt. Nein, keine Zeitung nahm es zum Anlass dem Springerkonzern mal so richtig die eigene Meinung zu sagen.

 

Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, heißt es: irgendwie FEDIWGUGL.

 

 

  1. Postzustellung ist reine Willkür

Das Postgeheimnis besteht nicht allein darin, dass die Post nicht geöffnet wird und es also keine Mitwisser dessen gibt, was die Post beinhaltet.

Nein, das Postgeheimnis ist grundsätzlich nicht gewahrt, wenn die Post nicht kommt. Wir reden nicht von dem Fall, dass der Postbote Post unterschlägt, was nur dann dem Adressaten auffällt, wenn er diese Post erwartet hat und sie nicht kommt.

 

Wenn die Post nicht kommt, dann ist das Postgeheimnis keines.

 

Ich war im letzten Jahr der ‚Frankfurter Allgemeinen‘ überdrüssig, weil sie zu viel mit der schon genannten Kanzlerin gekuschelt hat, nachdem ich ‚Die Welt‘ nicht mehr abonnierte, weil die Heuschrecke KKR erkennbar die Qualität minderte.

 

Also abonnierte ich die ‚Neue Zürcher Zeitung‘, die per Post geliefert werden musste, jedenfalls am Anfang, während die beiden deutschen Zeitungen mit Zeitungszusteller kommen.

 

Tja, und da gewahrte ich die Lücken im Botennetz der ‚Deutschen Post‘ hautnah. Sechs Tage die Woche soll die NZZ kommen. Und sie kam nicht. Immer wieder nicht.

 

Am Anfang dachte ich, das Belieferungssystem sei schuld. Nein. Einmal kam die Deutsche Post an fünf Tagen nicht: am sechsten hatte ich insgesamt zweiundzwanzig Poststücke – sechs Zeitungen und mehrere Briefe sowie Postwurfsendungen. Und ich habe den Postboten umarmt und ihm zwei Euro Trinkgeld gegeben, weil ich dachte, nun sei meine Welt wieder in Ordnung. Nein, nicht in Ordnung. Auch danach immer der gleiche Schlamassel.

 

Die Post kommt, wann sie will: reine Willkür, eben FEDIWGUGL.

 

 

  1. Versorgungssicherheit Heizung: 48,28% mehr

Nun ja, ich gehe arbeiten und hatte den Eindruck, dass die Inflation mich bisher nicht vollends erwischt hat.

Heute hat mich meine Wohnungsgenossenschaft, mit der ich bis dato mehr als zufrieden bin, über die zu erwartenden Energiekosten informiert, die ein Teil der Betriebskosten sind.

Wenn ich richtig rechnen kann, geht es um eine Steigerung nur der Heizungskosten, die ja nur ein Teil der Betriebskosten sind, von 48,28%, also fast eine Verdoppelung.

 

So geht es sicher Vielen in Deutschland. Und die Vorhersagen für 2023 lassen nicht ein Absinken der Inflation erwarten.

 

Also, ich arbeite im Homeoffice. Morgens starte ich bei 16 Grad, jedenfalls bisher. Früher war die tiefste je gemessene Temperatur bei 18 Grad. Und ich wohne seit fast zwanzig Jahren in genau dieser Wohnung.

Ja, ich will auf mindestens 22 Grad kommen, lieber noch ein bisschen mehr.

 

Ich bin seit genau vier Jahren nicht krankgeschrieben worden, kein einziger Fehltag. Damit ich weiterhin so kerngesund bleibe, brauche ich Wärme für mein Wohlbefinden.

 

So wie es aussieht, schlucken die Verbraucherpreise den kleinen Wohlstand, den ich bisher gehabt habe.

 

So sieht die deutsche Energiewende für mich aus: FEDIWGUGL.

 

 

  1. Fazit

So wie es aussieht, ist in diesem Deutschland kein Platz für Menschen, die hart arbeiten, aber nicht finden, dass es sich um ein Land handelt, indem wir gut und gerne leben.

 

Deutschland ist mein Land: ich brauche kein FEDIWGUGL.

[1] Identität: Das Ausland bemitleidet und belächelt die Deutschen – WELT (abgerufen am 17.12.22).

[2] Ebd.

[3] Vgl. regierungsprogramm-2017_BF.pdf (csu.de) (abgerufen am 17.12.22).

[4] Vgl. Personalausweis abgelaufen: Strafen, Kosten & Bußgelder 2021 (handelsblatt.com) (abgerufen am 17.12.22).

[5] Vgl. Robert Habeck und Herbert Diess: Grünen-Chef und VW-CEO im Interview – WELT (abgerufen am 17.12.2022).

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