Woher kommt der Hass auf Christen?
Berlin, 28.März 2023
Die christliche Lehre ist eine der Liebe, die von der Sklaverei des Hasses, insbesondere des Selbsthasses, befreit.
- Bekehrung vom Selbsthass
Die Lebenslage jedes Menschen vor seiner Bekehrung ist letztlich tiefster Selbsthass. Der Völkerapostel Paulus beschreibt den unbekehrten Menschen: „Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will, das vollbringe ich.“ (Röm 7,19; οὐ γὰρ ὃ θέλω ποιῶ ἀγαθόν, ἀλλ’ ὃ οὐ θέλω κακὸν τοῦτο πράσσω.)
Und: „Denn was ich bewirke, begreife ich nicht: Ich tue nicht das, was ich will, sondern das, was ich hasse.“ (Röm 7,15; ὃ γὰρ κατεργάζομαι οὐ γινώσκω· οὐ γὰρ ὃ θέλω τοῦτο πράσσω, ἀλλ’ ὃ μισῶ τοῦτο ποιῶ.)
Der Mensch will das Gute tun, denn es gilt: „das Gesetz heilig und das Gebot ist heilig, gerecht und gut.“(Röm 7,12; καὶ ἡ ἐντολὴ ἁγία καὶ δικαία καὶ ἀγαθή)
Wir möchten so gerne Gutes tun, weil wir wissen, dass das Gute gerecht ist und Frieden schafft.
Und wir müssen erkennen, dass es uns gar nicht gelingt, weil wir es aus uns selbst heraus nicht schaffen können.
Paulus bekennt: „Ich elender Mensch! Wer wird mich aus diesem dem Tod verfallenen Leib erretten?“ (Röm 7,24; Ταλαίπωρος ἐγὼ ἄνθρωπος· τίς με ῥύσεται ἐκ τοῦ σώματος τοῦ θανάτου τούτου;)
Die Befreiung aus der Sünde ist eine solche aus dem Hass auf sich selbst, es nämlich ohne Gott nicht zu können.
- Alle Menschen sind Feinde Gottes vor der Bekehrung
Paulus schreibt: „Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Gottes Feinde waren, werden wir erst recht, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden durch sein Leben.“ (Röm 5,10; εἰ γὰρ ἐχθροὶ ὄντες κατηλλάγημεν τῷ θεῷ διὰ τοῦ θανάτου τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ, πολλῷ μᾶλλον καταλλαγέντες σωθησόμεθα ἐν τῇ ζωῇ αὐτοῦ·)
Weil wir für unsere Bekehrung die Vergebung Gottes nötig haben, hat kein einziger Mensch dem anderen etwas voraus: wir alle sind Brüder und Schwestern.
Weil Gott von uns die Feindschaft gegen ihn und gegeneinander, aber vor allen Dingen auch gegen uns selbst genommen hat, so können wir selbst vergeben.
Jeder Bekehrte ist also alleine durch diese zum Bruder seines Nächsten geworden: wir haben denjenigen, die weiterhin in Feindschaft gegen Gott verharren, nichts voraus. So müssen wir unsere Feinde lieben.
Für uns Christen ist also die Feindesliebe nur die andere Seite unserer Bekehrung zu Gott: wenn unsere Feindschaft gegen Gott ein Ende gefunden hat, muss unsere Feindschaft gegen unseren Nächsten ein Ende finden.
- Gottlosigkeit: Übersteigerte Selbstliebe
Jesus Christus spricht das Grundgesetz des Egoismus aus: „Wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Dank erwartet ihr dafür? Denn auch die Sünder lieben die, von denen sie geliebt werden. Und wenn ihr denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank erwartet ihr dafür? Das tun auch die Sünder.“ (Lk 6,32f; καὶ εἰ ἀγαπᾶτε τοὺς ἀγαπῶντας ὑμᾶς, ποία ὑμῖν χάρις ἐστίν; καὶ γὰρ οἱ ἁμαρτωλοὶ τοὺς ἀγαπῶντας αὐτοὺς ἀγαπῶσιν. καὶ [γὰρ] ἐὰν ἀγαθοποιῆτε τοὺς ἀγαθοποιοῦντας ὑμᾶς, ποία ὑμῖν χάρις ἐστίν; καὶ οἱ ἁμαρτωλοὶ τὸ αὐτὸ ποιοῦσιν.)
Oder auf Deutsch: ‚Wie du mir, so ich dir‘ (suum cuique).[1]
- Nächstenliebe zu allen Menschen versus Egoismus
Es ist uns Christen nicht verboten, Freundschaften zu schließen, was aber nicht bedeuten darf, andere Menschen auszuschließen.
Wenn wir unsere Feinde lieben sollen, dann beruht diese Nicht-Beziehung auf Einseitigkeit, sieht ist gerade nicht gegenseitig.
So gesehen ist der Vorwurf, mit uns Christen könne kein Staat gebaut werden, teilweise berechtigt, insofern jedenfalls, als uns Christen jedes Parteiwesen fern liegt.
Denn wir wollen das Recht Gottes, wonach alle Menschen, Gute und Böse, geliebt werden, was keine menschliche Partei vertreten kann.
Fern aller Programme beten wir zu Gott, weil wir unsere Bekehrung und die aller anderen Menschen wollen, der uns alleine die Kraft zur Kreuzesnachfolge gibt.
Denn Feindesliebe ist Kreuzesnachfolge und das kann kein Parteiprogramm sein.
- Gesteigerter Christenhass in der Parteibildung
In einem klugen Spruch heißt es: ‚Willst du nicht mein Freund sein, so schlage ich dir den Schädel ein.‘
Freundschaft dient verschiedenen Zwecken und letztlich dem eigenen Fortkommen. Scheint das Vorankommen gefährdet zu sein, kann die vorgebliche Freundlichkeit in Feindschaft umschlagen.
Jesus sagt es so: „Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich“ (Mt 12,30a; ὁ μὴ ὢν μετ’ ἐμοῦ κατ’ ἐμοῦ ἐστιν).
Die Gottlosen können die selbstlose Liebe zum Nächsten nicht stehen lassen, weil sie letztlich alles einordnen müssen in ihr egoistisches System: für sie oder gegen sie.
Ja, die Liebe ist selbstlos, sonst ist sie nicht. Ein Glaube, der nicht inständig im Gebet verharrt, um diesen Markenkern des Christentums, die Liebe, zu schützen, ist in sich selbst ein Widerspruch.
Wir sind nur Liebende, wenn wir die Liebe Gottes widerspiegeln wollen. Unsere Schwachheit hier auf Erden ist Kreuzesnachfolge, weil wir selbst den Anderen ein Kreuz sind.
- Selbsthass oder Nächstenliebe
Die größte Triebfeder also für den Hass auf uns Christen liegt nicht in einer abweichenden Glaubenslehre, sondern weil wir Christen gerecht sind: wir leben mit Gott und uns selbst im Reinen, denn wir tun das Gute, das den Unbekehrten nicht möglich ist.
Jesus sagt, dass alle Reiche untergehen müssen, die in sich selbst widersprüchlich sind: „Jedes Reich, das in sich selbst gespalten ist, wird veröden und ein Haus ums andere stürzt ein.“ (Lk 11,17b; πᾶσα βασιλεία ἐφ’ ἑαυτὴν διαμερισθεῖσα ἐρημοῦται καὶ οἶκος ἐπὶ οἶκον πίπτει.)
Weil wir bekehrte Christen gerecht und gut sind, wirken wir mit Gott mit, der gerecht und gut ist. So gesehen kann nur das Reich Gottes in Jesus Christus ein ewiges Reich sein, denn es ist kein Widerspruch in ihm.
Der wichtigste Grund für die Liebe zu Gott, ist letztlich die Liebe zu uns selbst, die Gott und den Nächsten einschließt. Wer die Liebe zum Feind ausschließt, hat weder die Liebe zu Gott noch zu sich selbst verstanden.
[1] Vgl. Jedem das Seine – Wikipedia (abgerufen am 28.3.23).
