Gott finden in geistlicher Lesung und Gebet
Berlin, 22.April 2023
Die ‚Stille Zeit‘ mit Gott ist einfach die innere Einkehr, um in der eigenen Ruhe Gott finden zu können.
Stellen wir uns vor, wir besuchen Gott in Seiner Wohnung. Da könnten wir eine Himmelfahrt machen, um Jesus Christus, der zur Rechten des Vaters sitzt, aufzusuchen. Oder viel einfacher bei uns selbst einkehren, weil wir Menschen als Ebenbilder Gottes eine unsterbliche Seele besitzen, die uns Eigenschaften Gottes widerspiegelt.
Meine absolute Lieblingsheilige beschreibt es in ihrem ‚Tagebuch‘ so: „im kleinen Himmel meines Herzens Wohnung nehmen“ (486).
Unsere unsterbliche Seele allerdings kann mit Vielerlei beschäftigt sein, vor allen Dingen mit den Zerstreuungen des Alltags.
Um in diesem Vielerlei Gott zu finden, braucht es die ‚Stille Zeit‘ mit Gott.
- Warum ist die ‚Stille Zeit‘ so notwendig?
Jesus sagt uns: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“ (Mt 7,21; Οὐ πᾶς ὁ λέγων μοι· κύριε κύριε, εἰσελεύσεται εἰς τὴν βασιλείαν τῶν οὐρανῶν, ἀλλ’ ὁ ποιῶν τὸ θέλημα τοῦ πατρός μου τοῦ ἐν τοῖς οὐρανοῖς.)
Wer also gerne in den Himmel kommen möchte, der lausche in der ‚Stillen Zeit‘, was ihm Gott sagen möchte.
- Wann ist die beste Zeit für die Stille mit Gott?
Wir Menschen haben unsere Pflichten, die uns zu Recht vollkommen beanspruchen können. Diese Pflichten, die manchmal nicht nur unseren Körper, sondern auch unsere Seele und unseren Geist beanspruchen können, sind in sich gut und nicht gegen Gottes Willen.
Die Pflichten, z.B. im eigenen Schweiß sein Brot zu essen, also einer geregelten Arbeit nachzugehen, können allerdings das erste Gebot, Gott über alles zu lieben, verdrängen.
Die Sorge um unsere eigene Seele ist die vornehmste und sicher schönste Aufgabe unseres irdischen Lebens, denn was nützten uns die schönsten Aufgaben, wenn wir nicht beherzigen, was Jesus sagt: „Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen?“ (Mt 16,26; τί γὰρ ὠφεληθήσεται ἄνθρωπος ἐὰν τὸν κόσμον ὅλον κερδήσῃ τὴν δὲ ψυχὴν αὐτοῦ ζημιωθῇ; ἢ τί δώσει ἄνθρωπος ἀντάλλαγμα τῆς ψυχῆς αὐτοῦ;)
Der natürliche Beginn, seine Mitte und das Ende des Arbeitstages sind dabei von Bedeutung: wann kommt meine Arbeitskraft zur Ruhe oder aus der Ruhe?
Ich selbst bin ein Morgenmuffel, der erstmal ein Frühstück mit Kaffee im Magen und eine Dusche braucht, um Mensch zu sein. Vorher geht gar nichts.
Wenn mein Magen Ruhe gibt, habe ich die nötige Andacht. Als ich Student war, war es die Zeit nach dem Mittagessen. Manchmal bietet sich die Nachtruhe an, wenn der Arbeitstag nicht zu hart war.
Wichtig ist: Die ‚Stille Zeit‘ ist tägliche Zeit, also in jedem Fall immer zu halten. Deshalb brauchen wir eine Gewohnheit, die wir nicht zu leicht ändern sollten.
Wer jeden Tag mit sich selbst kämpfen muss, um Zeit für Gott zu haben, muss verlieren.
Dabei ist es doch ganz einfach: wenn wir uns Zeit für Essen und Trinken nehmen, warum darf Gott keine Zeit haben? Diese Frage zu stellen ist lächerlich, oder?
- Die Geistliche Lesung: Input für den Alltag
Wer den Willen Gottes für sein Leben erfahren will, braucht kein Lexikon mit den Erfahrungen von großartigen Christen aus zweitausend Jahren.
Wir brauchen vor allen Dingen eine gute Übersetzung des ‚Neuen Testamentes‘. Jeden Tag einen Abschnitt zu lesen, macht den Unterschied.
Wer jeden Tag zwei Seiten der Bibel liest, kommt in einem ganzen Jahr durch Altes und Neues Testament hindurch. Das ist machbar. Aber es muss nicht sein, denn es kommt nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität an.
- Meditation
Über die Worte Gottes nachzudenken, ist wirklich schön. Manchmal sind sie einfach Balsam für die Seele, weil sie Trost spenden.
Manchmal geben sie zu denken, z.B. bei den Gleichnissen. Die Frage, welche Rolle wir in den Gleichnissen spielen, ist das eigentliche Muss der Überlegungen in der Meditation.
Z.B. beim Gleichnis vom Sämann bei Matthäus im dreizehnten Kapitel, Verse 1 bis 9: wie sieht guter Boden, Felsen und Disteln in meinem Leben aus?
- Lobpreis Gottes im Leben und Tod
Unser Leben auf Erden ist ein einzigartiger Pilgerweg zu Gott: romantisch, atemberaubend und kräftezehrend.
Tiefste Täler und höchste Berge erwarten uns auf dem Weg mit Gott. Das Schöne an diesem Weg ist, dass Jesus mit uns geht. Das Schönste ist also nicht die Farbenpracht der Pflanzen am Rand von Wasserfällen oder der sternendurchsetzte Himmel am Mittsommertag.
Das Schönste ist das Wissen, ein Gotteskind zu sein, das alles, aber auch alles, umsonst empfangen hat: die Seele und letztlich alle Wendungen unseres Lebens.
Wenn wir unser Leben aus Gottes Hand nehmen, können wir es erst richtig genießen, weil wir es später Gott zurückschenken können.
Denn ein geistliches Grundgesetz in Gottesreich heißt, das derjenige umso mehr das besitzt, was er von Herzen verschenkt.
So hat Gott uns Sein Herz in Jesus geschenkt und so dürfen wir unsere Herz Jesus zurück schenken.
