Mein Erlebnisbericht zum 19.8. und 20.8.23
Berlin, 2.September 2023
Schon seit vielen Jahren spüre ich, wie der geistliche Grundwasserspiegel in meinem Berliner Bistum sinkt.
Bei meinem Übertritt aus der Evangelischen Kirche in die römisch-katholische Kirche vor rund sechzehn Jahren gab es damals noch überall reine Quellen, liebliche Bächlein und wunderschöne Teiche.
Die Priester sind geprägt worden von den Kardinälen Bengsch und Meisner, die gute Arbeit leisten, ziemlich skandalfrei.
Und unsere Priester sind nahbar und haben wenig Eigendünkel. In einer Großstadt ist Vieles leicht erreichbar und die Konkurrenz in den Gemeinden groß: wem etwas nicht passt, der geht woanders hin.
Das war bis zum Jahre 2019 so, besonders in der Bischofskirche, in welcher das geistliche Büffet reichhaltig war, für jeden etwas.
Das ist nicht mehr so. Besonders spürbar ist es in Bezug auf eine Beichtgelegenheit. Die Priester nehmen sich die offiziell angegebene Zeit im Beichtstuhl nicht mehr, sie wollen nicht. Die Freiheit der Wahl, was Zeit und Ort betrifft, stellt sich den armen Sündern nicht mehr. Sie müssen nehmen, was da ist. Und das ist schlecht, zum Teil bitter hart.
Wer am Samstagvormittag nach den wöchentlichen Einkäufen um elf Uhr beichten gehen muss, weil es sonst nicht geht, der hat echte Probleme. Nun drohen die Schlaglöcher und Pfützen ebenfalls auszutrocknen: was dann?
- Anreise mit großen Erwartungen
Um fünf Uhr morgens aufgestanden, um 7 Uhr 17 ging es mit der Bahn Richtung Neuzelle. Alles planmäßig.
Wir kamen zu dritt an, noch zwei Berliner und ich. Liebliche, leicht hügelige Landschaft. Die Stadt ist gut in Schuss, mit einigen unbewohnten Häusern entlang der Hauptstraße.
Die Allee zur Klosterkirche ist angenehm, rechts der riesige Löschteich mit Seerosen.
Rund um die Kirche um 9 Uhr 15 viel Pflaster, wenige Menschen. Die ehemaligen Gehöfte und Stallungen rund um den riesigen Kirchenvorplatz müssten ordentlich Raum für ein Kloster bieten. Ein Neubau weit außerhalb in einem Waldstück ist geplant.
Die Kirche ist nicht riesig, sondern ziemlich angenehm, nur die Kirchbänke sind wirklich kleine Folterinstrumente. Ich nehme an der Seite auf einem Samtkissen Platz, vor einem der vielen Seitenaltäre, bei mir ist es der heilige Nepomuk, der Patron der Beichtväter.
- Erster Höhepunkt: Beichte in der Josefskapelle
Wie schön war das: überall war die Beichtgelegenheit mit den entsprechenden Zeiten ausgeschildert.
Und gleich habe ich mich in das Bad der Wiedergeburt, das Sakrament der Versöhnung, gestürzt. Ein Bad im Blute Jesu ist heilsam und erquickend.
Wie schön, dass die Brüder daran gedacht haben. Und wie vorbildlich sie ihren Vorsatz ausführten, das konnte ich von meiner Premium-Lounge im Angesicht des heiligen Nepomuk beobachten.
Einmal gab es sogar zwei Beichtväter gleichzeitig: einer entzündete eine Kerze, um sich erkennbar zu machen – was für ein schönes Zeichen!
- Zweiter Höhepunkt: die Predigt des polnischen Bischofs aus Liegnitz
Was für ein Mann Gottes: er nahm sich das Gegenteil der Anbetung, die Selbstvergötzung, zum Thema.
Statt nur schön positiv zu sprechen und damit zu seicht, sprach hier einer über die Bedrohungen unseres geistlichen Lebens, letztlich über die Sünde.
Im wirklich gutem Deutsch wurde er zu einem echten Freund von Neuzelle. Ich habe ihm am nächsten Tag gleich einen Brief nach Liegnitz geschrieben, weil ich hoffe, dass es noch viele Beweise der deutsch-polnischen Freundschaft geben wird.
Auf der anderen Seite von Neuzelle, vielleicht zwei Kilometer entfernt, liegt die Oder und auf der anderen Seite Polen.
- Mein Fazit
Die Zisterzienser sind zweifelsfrei ernsthaft und ziemlich stark. Der Kongress war vollgepackt mit Anbetungsliedern (wow: die Brüder als Band!), Vorträgen, Andachten und gemeinsamem Mittagessen sowie Kaffee und Kuchen.
Inwieweit es sinnvoll ist, ein neues Kloster weitab vom Schuss in Trebbeln zu bauen, vermag ich nicht zusagen. Einfach ist Neuzelle nicht zu erreichen, Trebbeln erst recht nicht.
Geistliche Quelle ist die zum Teil wunderschöne Barockkirche, um die herum geistliches Leben schön wäre.
Eines ist aber klar: die Brüder sind fromm, stark und haben ein großes Potential: Gott segne sie!
