Meine Bekehrung vor 33 Jahren

17 Jahre katholisch – eine Bestandsaufnahme

Berlin, 27.Januar 2024

Vor mehr als siebzehn Jahren machte ich mich auf den Weg, katholisch zu werden. Meine damalige Kirche, die Evangelische Kirche in Deutschland, segnete Todsünde, nämlich die Verbindung von homosexuellen Paaren.

 

 

  1. Damalige Vorurteile haben sich nicht bestätigt

Ich weiß noch heute wie es damals war: meine lieben Schwestern und Brüder aus dem Protestantismus warnten mich vor Sodom und Gomorrha, weil sie meinten, die ganze katholische Kirche bestehe aus lauter Heuchlern, die ein schickes Gewand am Altar tragen, um in der Pfarrwohnung mit ihrer Haushälterin bis zur Besinnungslosigkeit zu huren.

 

Denn laut protestantischer Sexualmoral gibt es das Charisma der Ehelosigkeit eigentlich nicht so richtig, jedenfalls ziemlich selten.

Zwar waren Jesus, die zwölf Apostel und Paulus ehelos oder nicht mehr sexuell aktiv, wie Petrus, aber was soll es.

Meine ehemaligen Schwestern und Brüder meinten es ernst, denn Heiligkeit ist in diesem Leben nach ihrer Ansicht nicht möglich, sondern nur ein Attribut, das jedem Getauften zukommt, weil Jesus selbst der Heilige Gottes ist. Da wir zu Jesus gehören, sind wir eben auch heilig, wenigstens dem Namen nach.

 

Nein, ein Homosexueller im Priestergewand ist mir bisher nicht begegnet, nein, nicht einziger. Nur ein einziger Priester war es, der in der Zeitung stand, weil er wohl einvernehmlichen sexuellen Kontakt mit einer Minderjährigen hatte. Und ausgerechnet dieser damalige Vikar wollte mich in die katholische Kirche holen. Schon komisch.

 

Das ist für mich ein Gottesbeweis: das Charisma des Zölibats ist vorhanden. Mit Ausnahmen leben Priester keusch und züchtig.

 

Dabei bin ich vielen katholischen Gemeinden unterwegs: ich erlebe sicher mehr als hundert Gottesdienste im Jahr – und bis zu fünfzig Beichten, als es noch rund lief im Erzbistum Berlin.

 

 

  1. Wenn eine Ortskirche nicht katholisch sein will

Nun ja, seit dem März letzten Jahres hat eine breite Mehrheit der Bischöfe namentlich erklärt, für die Segnung von offenbarer Sünde zu sein.

Das Unfassbare ist geschehen. Der so genannte ‚Synodale Weg‘ hat in namentlicher Abstimmung entschieden, dass homosexuelle Paare gesegnet werden dürfen.

Fast 93 Prozent stimmten dafür, fast 81 Prozent aller Bischöfe.[1]

 

Da wir keinerlei religiöse Verfolgung in Deutschland haben, handelt es sich um schlichten Verrat am Evangelium. Selbst die schleichende Vergreisung Europas, die ein einziger Schrei nach Kindern ist, hat diese Irrlehrer nicht zur Vernunft gebracht.

 

Die Kirche Deutschlands, egal, welche, braucht Kinder, um überhaupt körperlich vorhanden zu sein, so wie mein Vaterland bei dem derzeitigen demographischen Winter schockgefroren sein wird, wenn das Naturrecht sich nicht Geltung verschafft.

Ja, es ist nicht die christliche Sexualmoral alleine, die Abtreibung und Verhütungsmittel verurteilt. Es ist das Naturrecht, das beides verbietet. Niemand muss getauft sein, um das zu verstehen.

 

Wie tief müssen wir gesunken sein, um einfachste Zusammenhänge nicht zu verstehen?

 

 

  1. Wenn Rom nicht die katholische Lehre verteidigen möchte

Tatsächlich erschlagen hat mich das Nicht-Handeln des Vatikans. Ehrlich gesagt, habe ich mich von diesem Schlag noch nicht erholt.

 

Sicher, es ist schwierig, wenn eine Versammlung von Bischöfen eines Landes in aller Öffentlichkeit erklärt, häretisch zu sein.

Sicher, es können ja nicht alle Irrlehrer einfach vor die Tür gesetzt werden, denn der Nachwuchs ist genauso verkommen.

Und es geht um einen hauptamtlichen Apparat von Pastoralreferenten, Institutsleitern, Professoren, Sekretären und vielen anderen, die mehr als Hundertfünfzigtausend (150.000!) zählen, allein bei der Kirche, mit 500.000 bei der Caritas.[2]

 

Wahrscheinlich ist die Blaupause für die Deutschlandpolitik des Vatikans seine Diplomatie gegenüber Rotchina: solange die Einheit mit dem Vatikan irgendwie vorhanden ist und die Sakramente nicht in Frage gestellt werden, dann geht es schon.

Ja, sicher, Rom kann nicht einfach einen verrotteten und verkommenen Apparat gegen einen nigelnagelneuen ersetzen. Natürlich nicht.

 

Aber gar nichts tun, außer ab und zu einen Brief veröffentlichen und Bemerkungen auf Pressekonferenzen fallen lassen?

Die Enttäuschung über den Vatikan sitzt tief bei mir, ziemlich tief.

 

 

  1. Beichtväter: wo gibt es sie in Berlin?

Wenn von den deutschen Katholiken nur 5,7% ihre Sonntagspflicht erfüllen[3], dann kann gesagt werden: 94,3% sind Todsünder, weil sie ihre Pflicht verabsäumen, oder?

 

Wie viele Getaufte von den 5,7% gehen regelmäßig zur Beichte, wenigstens einmal im Jahr? Es geht wohl nur noch um Menschen im Promillebereich, die ihren katholischen Glauben ernstnehmen.

 

Ich nehme ihn ernst und mache zum Teil bitterböse Erfahrungen. Nur ein Bruchteil der Priester erscheint zu den offiziellen Beichtzeiten. Und die Beichtzeiten sind nur zum Teil spaßig: wer will schon am Samstagvormittag von elf bis dreizehn Uhr beichten?

 

Nun, ich bin sogar bis an die Grenze Polens gereist, um auf einem ehemaligen Klostergelände ein gute Beichtgelegenheit zu finden.

Dort fand ich sie leider nicht, aber auf der Zugfahrt zurück eine Mitchristin, die mich auf einen anderen Ort in Berlin hingewiesen hatte, von dem ich natürlich wusste, aber nicht, wie gut er inzwischen geworden ist.

 

 

  1. Eine Entdeckung: eine Klostergemeinschaft in Berlin

Nun, ich musste, um zu überleben, auf die monatliche Beichte gehen: noch im Februar 2020 beichtete ich praktisch wöchentlich; gleich vor der Heiligen Messe in der Bischofskirche war das möglich.

 

Nach Covid-19 musste ich auf die monatliche Beichte ausweichen, was mich in große Not gebracht hat. Ich hatte angefangen, meine Sünden in eine Art Tagebuch einzutragen.

Seit dem September 2023 gehe ich nach St. Clemens zu einer kleinen Klostergemeinschaft von charismatischen Vinzentinern aus Indien.[4]

 

Es ist ein bisschen eigenartig, die Beichte auf Deutsch zu sprechen, wenn nicht ganz klar ist, ob der Beichtvater sie wirklich versteht.

Seit Ende Dezember besuche ich zweimal die Woche die dortigen Heiligen Messen und weiß: vielleicht ist das gegenseitige sprachliche Verständnis nicht das Beste, aber sie sind fromm und gut.

 

 

  1. Der beste Priester

Gott segnet den Weg, den wir gehen. Und so habe ich dort den besten Priester kennengelernt, der mit Abstand der frömmste und demütigste ist, den ich je getroffen habe: es war der 22.Dezember 2023.

 

Was wäre mit mir geschehen, wenn dieser letzte Notnagel nicht geholfen hätte? Unausdenkbar!

 

 

  1. Wunderschöne Messen

Das einzige Kriterium, nach welchem ich heilige Messen aussuche, ist nur noch, ob sie rechtgläubig sind, da die Gefahr groß ist, auf einen häretischen Priester zu stoßen, was nicht einfach einem Eisbad von gefrorener Jauche gleicht, sondern zugleich Fragen nach der Gültigkeit der Eucharistie aufwirft.

 

Und was machen diese Charismatiker? Sie bieten kraftvoll evangelistische Predigten, die Eucharistie in beiderlei Gestalten in jeder Messe (Hostie in Wein getaucht), das Gebet zum Erzengel Michael mit Weihwasserbesprengung (wie in der Traditionellen Messe) und unbeschreiblich schöne Volkslieder, die ich noch nicht kannte.

 

Eines hat mir Weihnachten gerettet: Pentatonix – Mary, Did You Know? (Official Video) – YouTube

 

Ja, ich gehe jetzt in die englischsprachige Messe am Sonntag zu einer unbequemen Zeit, weil ich weiß, dass diese Vinzentiner katholisch bleiben möchten.

Und weil ich weiß, dass genau dort, in der Mitte Berlins, viele Menschen ebenfalls katholisch bleiben möchten.

 

 

8.Fazit

Gott ließ mich wieder einmal pilgern in meinem Leben. Die Kirche zu wechseln, ist wie die Ehefrau zu tauschen. Ich hatte zehn Jahre gewartet, ehe ich katholisch wurde. Ein Versuch und noch einer. Schon vor dreißig Jahren waren die Zustände in Deutschland nicht rosig.

 

Als jünger war, dachte ich, das katholische Pilgern sei romantisch: ein paar Blasen an den Füßen und schöne Sonnenuntergänge.

 

Als alter Mann weiß ich: Pilgern ist eine Sache auf Leben und Tod. Gehst du nicht den Weg Gottes, musst du sterben.

 

Und pilgern ist: Leben mit Gott, der der gute Hirte ist und zur rechten Zeit uns den Tisch im Angesicht unserer Feinde deckt! Amen.

[1] Vgl. Synodaler Weg: Segensfeiern für homosexuelle Paare ermöglichen – katholisch.de (abgerufen am 27.1.24).

[2] dbk.de/fileadmin/redaktion/Zahlen und Fakten/Kirchliche Statistik/Allgemein_-_Zahlen_und_Fakten/Zahlen-Fakten10-11-de.pdf (abgerufen am 27.1.24).

[3] Jeder zweite Katholik in Deutschland geht nie in den Gottesdienst – katholisch.de (abgerufen am 27.1.24).

[4] Vgl. St. Clemens (Berlin) – Wikipedia (abgerufen am 27.1.24).

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