Neuzeller Versuchung

Warum kommen die Zisterzienser nicht vom Fleck?

                                                                                                                    Berlin, 6.April 2024

Was bräuchte Deutschland dringender als die Umkehr zu Jesus Christus?

Wie kann dies besser gelingen als mit gut ausgebildeten Christen, die ihr Leben Jesus ganz verschrieben haben: den Mönchen?

 

Und warum kommen die Handvoll Mönche seit 2018, also seit sechs Jahren, nicht vom Fleck weg?

 

  1. Die jämmerliche Lage der Katholiken in Deutschland

Nur 5,7% der Katholiken gehen sonntags in den Gottesdienst, nur ein Bruchteil von ihnen geht beichten.[1]

Ein Prozent der Katholiken dürften sich nach Einschätzung der Glaubenslehre im Status der Todsünde befinden, weil sie die Gebote der Sonntagsheiligung sowie der jährlichen Beichte mit Füßen treten.

Da müssten die Zisterzienser, die kommen, eigentlich bloß noch die Ärmel hochkrempeln und dann geht es los mit der Neuevangelisierung.

 

 

  1. Das kleinste Bistum Deutschlands

Warum die Zisterzienser sich für das allerkleinste Bistum Deutschlands[2], Görlitz, entschieden haben, wird wohl ewig ihr Geheimnis bleiben.

Neuzelle selbst liegt lieblich kurz vor der polnischen Grenze, fast ganz genau an der Oder.

Der Ort ist über Landstraßen und eine Bahnstation erreichbar.

 

Das Grenzgebiet zu Polen bietet nicht viele Arbeitsmöglichkeiten, Eisenhüttenstadt ist der nächstgrößere Ort.

Die Abwanderung der Jugend ist vorprogrammiert.

 

 

  1. Neuzelle ist eine staatliche Stiftung

Die österreichischen Mönche haben ihren Stammsitz im Wienerwald bei Wien. Dort kommen die Mönche mit den staatlichen Behörden gut aus.

Das Priesterseminar von Heiligenkreuz ist an die Universität Wien angebunden.

 

Warum die Österreicher gedacht haben, dass die Verhältnisse um Wien herum auf das deutsch-polnische Grenzgebiet übertragbar sind, bleibt wohl das ewige Geheimnis ebendieser.

 

Die Verstaatlichung der schönen Neuzeller Klosteranlage war ein Gewaltakt, der einem glatten Raubzug glich.

 

Warum die Österreicher insgeheim auf eine Rückgabe der wunderschönen Klosterkirche hofften, wie die Zeitschrift ‚Kirche heute‘ in der Ausgabe 8+9/2023 auf Seite 3 schrieb, bleibt ewiges Geheimnis.[3]

 

Es gehört elementar zur Spiritualität, das katholische Geistliche einen Kirchenort konsekrieren, also den Weg für Jesus Christus bereiten. Eine katholische Kirche ist so gesehen ein befreiter Ort.

Wie eine Art Leihe der Kirche vom Staat für bestimmte Zeiten in der Woche zu rechtfertigen sein soll, bleibt ewiges Geheimnis.

So eine Denkungsart ist der katholischen Lehre zutiefst wesensfremd.

 

 

  1. Adoratio-Kongress 2023 in Neuzelle

Als ich Ende August letzten Jahres zum Adoratio-Kongreß anreiste, war ich zum einen positiv überrascht von dem reichhaltigen Programm und zum anderen schockiert von all dem, was dort noch so möglich war.

 

Ich hatte Mönche erwartet, die sich in die Seelsorge stürzen wollten, weil die Beichte weitgehend unter die Räder geraten ist. Stattdessen übten sie alle eine starke Distanz aus. Ruhe ist bei ihnen die erste Christenpflicht.

 

Das ureigene Neuzeller Programm ist 1:1 genau das, was die Mönche in Heiligenkreuz veranstalten: charismatische Schunkellieder gemischt mit strengstem Lateinischen Stundengebet.

 

Und so war auch das Publikum: genau so wie ich deutlich über fünfzig Jahre alt und offensichtlich schon mit allen Weihwassern gewaschen.

 

Ein Aufbruch, gar etwas Neues, war nicht in Sichtweite. Nur große Übertragungswagen von ausländischen Medienmächten wie EWTN waren zu sehen. Alles genauso wie in Heiligenkreuz selbst.

Nur das Heiligenkreuz innerhalb von bestehenden volkskirchlichen Strukturen angebunden ist, die funktionieren.

 

Wer einmal die Pflastersteine des riesigen Innenhofes rundum die Klosterkirche betreten hat, der weiß: in Neuzelle gibt es viele staatliche Strukturen, aber keinerlei kirchliche, schon gar nicht zisterzienserliche.

 

 

  1. Keine Klosterzelle, aber ein Backsteinkirche

Fürbass erstaunt war ich, als ich den Entwurf für eine gotische Hallenkirche mitten im Wald von Treppeln sehen durfte. Ausgerechnet meine Lieblingszeitung druckte den Entwurf Ende März ab.[4]

 

Der Ort Treppeln liegt bei Neuzelle und hat weder einen geschichtlichen noch einen anderen Bezug zur Klosteranlage. Erreichbar ist das Grundstück des neuen Klosters über einen Feldweg durch den Wald.

Die ehemaligen Gebäude der Staatssicherheit wurden abgerissen und abgeräumt. Mehr ist bisher nicht geschehen. Nicht eine einzige Klosterzelle ist bezugsfertig.

 

Warum solche Pläne für eine Riesenkirche aus Backstein entworfen werden, wenn alles andere noch in weiter Ferne liegt? Das bleibt ewiges Geheimnis.

 

 

  1. Fazit

Überall in Deutschland werden Kirchen entwidmet und kostbare Klosteranlagen verkauft. Das geistlich arme Bistum Berlin wie der ganze Osten Deutschlands braucht dringend Oasen der Gottesbegegnung.

 

Solche geistlichen Kraftzentren gibt es, wenn auch nur wenige.

 

Hirngespinste für unerreichbare Waldgrundstücke braucht niemand.

[1] Jeder zweite Katholik in Deutschland geht nie in den Gottesdienst – katholisch.de (abgerufen am 6.4.24).

[2] Vgl. Diözesen der römisch-katholischen Kirche in Deutschland – Wikipedia (abgerufen am 6.4.2024).

[3] Vgl. Kirche heute – Katholische Monatszeitschrift: August-September 2023 (kirche-heute.de) (abgerufen am 6.4.2024).

[4] Vgl. Neuzeller Kloster-Plan: Eine visionäre Neugründung in Brandenburg (faz.net) (abgerufen am 6.4.2024).

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